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Ihre Fragen zu Tierschutz «Meine Katze wurde weggefüttert – was kann ich tun?»

Nadja Brodmann und Antoine Goetschel beantworten Ihre Fragen – live im Chat.

Die massive Tierquälerei in Ramiswil SO hat die Schweiz erschüttert und Fragen nach den Kontrollen in der Nutztierhaltung aufgeworfen. Gleichzeitig breiten sich aktuell die Vogelgrippe-Fälle im Land weiter aus. Wie verletzlich ist das System der Tierhaltung? Welche generellen Fragen haben Sie zu Tierhaltung und Tierschutz? Unsere Expertenrunde beantwortete Ihre Fragen live im Chat.

Gäste im News-Chat

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Nadja Brodmann
Geschäftsleitung & Leiterin Tierschutz
Zürcher Tierschutz

Antoine Goetschel
Präsident Global Animal Law GAL Verein, ehem. Tieranwalt des Kantons Zürich und Autor
Antoine F. Goetschel

Chat-Protokoll:

Warum werden die Zuchtvereine, die solche Rassenstandards festlegen oder zulassen, nicht stärker in die Verantwortung genommen – obwohl sie den grössten Einfluss auf die Zuchtpraxis haben?  

Antoine F. Goetschel: Es handelt sich bei Zuchtverbänden um rein private Vereine und Organisationen, welche vom Staat nicht mit Vollzugaufgaben eingebunden sind. Auch liegt ihre Hauptausrichtung in der Einhaltung und Durchsetzung ihrer Standards, meist auf sog. Schönheit und nicht auf die Gesundheit der Tiere. Deshalb wurde die Stiftung für das Wohl des Hundes mit dem anderen Fokus errichtet. In der Tat würden Zuchtverbände eine grosse Rolle spielen, wobei aus meiner Sicht das Hundezucht-Wesen wohl zeitgemässer ausgestaltet werden dürfte. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.iur Antoine F.Goetschel  

Ist es für Katzen schädlich, wenn sie nur im Haus/in der Wohnung gehalten werden?  

Nadja Brodmann: Nein, schädlich ist es nicht, falls folgende Voraussetzungen erfüllt werden: – genug Bewegungsraum, auch dritte Dimension (klettern, erhöhte Liegeplätze etc.) und mehrere Zimmer, wo das Tier auch mal in Ruhe schlafen / sich zurückziehen kann, wenn Besuch da ist. – genug Beschäftigung (diverse Spielmöglichkeiten mit viel Abwechslung, auch Trainings, Liegeplätze am Fenster zum Beobachten, Kratzbäume, etc.) – genug Sozialkontakt (eine zweite Katze als Sozialpartner, weil der Mensch nicht Artgenossen ersetzen kann, gute Mensch-Tier-Beziehung und viel Zeit mit den Katzen verbringen). – ansonsten rundum tiergerechte Haltung  

Wie erklären Sie, dass in der Schweiz trotz des viel gepriesenen Tierschutzstandards noch immer über 40 % der weiblichen Kühe, die für die Milchproduktion genutzt werden, in Anbindeställen leben, in denen sie sich kaum bewegen können? Welche Faktoren tragen dazu bei, dass diese aus Tierschutzsicht stark umstrittene Haltungsform weiterhin erlaubt und weit verbreitet bleibt?  

Nadja Brodmann: Die Bauernlobby in der Schweiz ist extrem stark im Parlament und blockiert Verschärfungen im Nutztierbereich. Das ist eines der Probleme.   

Andererseits haben wir viele Anbindeställe noch in Berg- und Hügelzonen, wo es schwieriger und teurer ist, Laufställe zu bauen und auch die Bestände meist viel kleiner sind, sodass es sich nicht rentiert.   

Das Problem wird aber dadurch vermindert, dass die Beteiligung am (freiwilligen) RAUS-Programm des Bundes gerade in diesen Betrieben in Berg- und Hügelzonen sehr hoch ist, das heisst die Kühe können im Sommerhalbjahr fast täglich auf die Weide und im Winterhalbjahr rund jeden zweiten Tag in einen Auslauf.   

Die hohen Beteilungen am RAUS- und BTS-Programm (Besonders tierfreundliche Stallhaltung) tragen aber andererseits leider auch dazu bei, dass jene Kühe, die nur in konventioneller Anbindehaltung leben, oft unter dem Radar der Politik bleiben.  

In einigen Ländern, etwa in den Niederlanden, greifen bereits gesetzliche Regelungen, die genau das tun: Dort dürfen beispielsweise kurzköpfige Hunderassen nur noch gezüchtet werden, wenn bestimmte Gesundheitsstandards eingehalten werden. Wäre eine ähnliche Regelung auch in der Schweiz denkbar?  

Antoine F. Goetschel: Es bestehen ähnliche Bestimmungen auch in Deutschland, wo ich zum Defektzuchtartikel § 11b einen juristischen Kommentar (Kohlhammer) verfasst habe. Einzig ein Verbot reicht nicht und hat der Gesetzgeber näher hinzuschauen. Der Ansatz einzig auf die «Rasse» überzeugt nicht zwingend, werden etwa bei den Möpsen durchaus auch Linien auf die Gesundheit der Tiere gezüchtet. Kurzum können sich die Tierzüchter juristisch – auch mit den teuersten Anwälten – gegen Verbote zur Wehr setzen. Ihnen stehen Veterinäre mit eingeschränktem juristischem Hintergrund gegenüber, und die Tiere selbst haben keine eigenen Rechtsvertreter, wie ich etwa «Rechtsanwalt für Tierschutz in Strafsachen» gewesen bin. Häufig bleiben ihre Anliegen auf der Strecke. Wir setzen für solche «Tieranwälte» auch auf der globalen Ebene ein durch den Entwurf einer UNO-Konvention für Tierschutz und Tiergesundheit, welche in Art. 5 d solches fordert. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Hallo,warum ist Ihnen der Tierschutz wichtig? Tiere sind Tiere und nicht Menschen. Man muss sie also nicht gleich oder sogar besser behandeln als Menschen. Tiere sollen als Nutztiere angesehen werden und eine Aufgabe haben. Wir Menschen müssen auch arbeiten. Ein Hund soll deshalb auch Wache betreiben und eine Kuh Milch produzieren. Ausserdem ist ein Hund auf dem Land viel glücklicher als in der Stadt. Vielen Dank für Ihre Stellungnahme.  

Antoine F. Goetschel: Tiere gehören als Teil unserer Gesellschaft anerkannt und aus verschiedenen Gründen geschützt. Zunehmend kommt zum reinen Tierschutz die Gesundheit der Tiere als Grundlage der vom Menschen (One Health, Antimikrobielle Resistenz, Pandemieprävention). Tiere besser als Menschen zu behandeln erachte ich, mit Ihnen, für fragwürdig. Schliesslich wird die «Würde des Tieres» durch die Bundesverfassung separat geschützt und die des Menschen ebenfalls. Doch unterscheiden sie sich, und Tiere gehören in ihren ureigenen Ansprüchen wertschätzt. Und diese Ansprüche und Interessen weichen von denen des Menschen ab. Selbst, und mit mir auch grundsätzlich der Schweizer Gesetzgeber, hat gegen den Einsatz der Tiere nichts einzuwenden, wenn nicht ihre Würde verletzend und nicht unnötige Schmerzen, Schäden und Ängste auslösend. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Ich dachte, die Schweiz hat guten Tierschutz. Oder ist das nicht der Fall?  

Nadja Brodmann: Grundsätzlich haben wir ein relativ hohes Tierschutz-Niveau in der Schweiz (Tierschutzgesetz und Tierschutzverordnung). Doch das Gesetz schreibt nur die Minimalanforderungen vor, also die Grenze zur Tierquälerei. Es gibt noch viel zu tun – in allen Bereichen: bei Haustieren, Nutztieren, Versuchstieren... Der gesellschaftliche Druck für Verbesserungen wächst, auch im Ausland. Österreich hat in vielen Bereichen bereits strengere Vorgaben als die Schweiz. Wir haben also nicht mehr die weltbeste Tierschutzgesetzgebung, nur noch in einzelnen Bereichen (v.a. bei Nutztieren sind wir doch viel weiter als die allermeisten anderen Länder weltweit).  

Wer hat alles versagt bei Ramiswil? Der Hof wurde ja noch kurz vorher Bio-Zertifiziert. Das ist nicht sehr vertrauenerweckend.  

Antoine F. Goetschel: Es wird die Aufarbeitung die Mängel beim Vollzug aufzeigen. In meinem 100-seitigen Gutachten «GAL-Tierleitfaden für Schweizer Vollzugsbehörden» (2018) habe ich durch Auswertung auch vertraulicher Verfügungen der Amtstierärztinnen und -ärzte einen grossen Nachholbedarf im Juristischen nachgewiesen und im Einzelnen ganz konkrete Vorschläge unterbreitet, wie solche erheblichen Tierschutzverstösse frühzeitig und auch juristisch bis vor Bundesgericht hieb- und stichfest vermieden werden können und müssen. Umso lästiger istes, dass offenbar zahlreiche konkreten Vorschläge unbeachtet geblieben sind, auf dem Buckel der leidenden und getöteten Tiere. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Ich habe das Gefühl, dass die meisten schlimmen Tierschutz Verstösse passieren, wo Menschen psychisch angeschlagen sind! Und die Frage ist, wieso das Umfeld nicht reagiert, wenn man sieht, dass sie überfordert sind!  

Antoine F. Goetschel: Es gehören Tierschutz-Verstösse auch gegenüber psychisch Beeinträchtigten durchgesetzt. «Die meisten» halte ich für unangebracht, und die Einschätzung deckt sich nicht mit meiner Erfahrung als früherer Rechtsanwalt für Tierschutz in Strafsachen des Kantons Zürich mit ca. 700 Fällen in drei Jahren. Nicht die psychische Erkrankung sehe ich als Hauptsorge, sondern die eher das fehlende Mitgefühl und die eingeschränkte Einsicht darin, dass Tiere eigene zu stillende Bedürfnisse haben, welche von denen des Menschen abweichen. Doch in der Tat sind «alle», also auch hier konkret die lokale Bauernschaft, zur Unterstützung aufgefordert gewesen. Schliesslich scheint die Hundeproduktionsstätte auch deshalb «unter dem Radar» der Veterinärbehörde untergetaucht zu sein, weil als Bäuerin hierzu keine eigene Bewilligung, deren Einhaltung kontrolliert hätte werden können, erforderlich gewesen ist. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Hallo, wie stehen sie zum Thema Veganismus? Sind Sie als Tierliebhaber vegan? Wenn nicht, wieso? LG  

Antoine F. Goetschel: Es stellt sich die Frage nach Tier-«Rechten» und dem Tier-«Schutz»; letzterer lässt eine (tierfreundliche) Nutzung zu; Tier-«Rechtler» lehnen im Kern (und in der Kurzfassung) aus ethischen Gründen jede Tiernutzung ab. Bei einer prognostizierten Zunahme der weltweiten Fleischproduktion um 11 – 15 % in den nächsten zehn Jahren (WTO, OECD) ist die rechtliche Durchsetzung eines gänzlichen Verbots der Tiernutzung unwahrscheinlich und bei diesen Mehrheitsverhältnissen auch kaum umsetzbar. So setze ich mich – seit rund 40 Jahren ohne Fleisch- und Fischkonsum – für zahlreiche auch globale Verbesserungen des Tierwohls ein. Von der veganen Bewegung wäre eine Unterstützung von visionären und pragmatischen Anliegen zum Wohle der Tiere aus meiner Sicht wünschbar. So unterstützt etwa der weltbekannte Tierethiker Peter Singer (im GAL-Patronatskomitee) unser Projekt, Tierschutz und Tiergesundheit mit dem Entwurf der UNO-Konvention UNCAHP hierüber in die UNO zu bringen. Dort verlangen wir u.a. Tieranwälte im Straf- und Verwaltungsrecht. Unterstützungswert ist sicherlich der Verzicht auf Tierprodukte... und darüber hinaus eine Handlungsweise zur Linderung der geschundenen Nutz-, Versuchs-, Heim-, Sport- und Wildtiere. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Wieso wurde beim Fall Ramiswil in Solothurn für so lange nichts unternommen? Der Tierschutz ist doch genau dafür da! Was ist echt die Dunkelziffer von solchen Fällen?! 

Nadja Brodmann: Die Dunkelziffer kennt man nicht. Die Behörden (Veterinärämter, Polizei) sind dafür da, Kontrollen zu machen. Sie haben auch das Recht, sich Zutritt zu verschaffen und Massnahmen zu verhängen, etwa Fristen für Verbesserungen, Umbauten, Tierarztbesuche vorschreiben, Tiere beschlagnahmen, etc. Wir vom Tierschutz können höchstens beraten und beschlagnahme Tiere aufnehmen. Das tun wir auch, aber Beratung allein hilft leider oft nicht, viele Tierhaltende sind «beratungsresistent». In diesen Fällen müssen wir den Tierschutzverstoss weiterleiten an die kantonalen Behörden, damit diese aktiv werden. Ein grosses Problem ist auch, dass solche Fälle oft nicht sichtbar sind, niemand weiss davon, bis sie entdeckt werden – zufällig oder durch reguläre Kontrollen der Behörden. Daher sind Meldungen durch Privatpersonen so wichtig, um den Tieren helfen zu können.  

Was kann ich tun, wenn ich die Vermutung habe, dass bei mir in der Nachbarschaft Tierquälerei betrieben wird?  

Nadja Brodmann: Wichtig ist, alle möglichen Beweise zu sammeln (Tonaufnahmen, Bilder etc.). Diese Belege können Sie einer Tierschutzorganisation in der Nähe oder dem kantonalen Veterinäramt zukommen lassen. Alle Veterinärämter haben eine Meldestelle für Tierschutzverstösse und sind verpflichten, den Meldungen nachzugehen.  

Meine Katze wurde mir weggefüttert. Was kann ich dagegen machen?  

Antoine F. Goetschel: Ich kenne dieses Problem falsch verstandener Tierliebe seit Jahrzehnten. Es handelt sich um den widerrechtlichen Besitzentzug Ihrer Katze. So würde ich zuerst das Gespräch suchen, nötigenfalls eine Aufforderung zum Verzicht und, in Absprache mit der Stiftung für das Tier im Recht etwa und unter Hinweis auf das entsprechende Kapitel im Buch «Tier im Recht transparent» die Durchsetzung des Fütterungsverbots. Schliesslich nehmen Sie doch die Verantwortung für Ihr Tier vollumfänglich selbst wahr. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Hallo, ich finde es eine Frechheit, wenn dies mit Nutztierhaltung in Verbindung gebracht wird. Dies wirft erneut nicht gerechtfertigt ein schlechtes Licht auf die Landwirte.  

Dr. Antoine F. Goetschel: Die Tierhalterin scheint Bäuerin gewesen zu sein und möglicherweise deshalb nicht auf eine ausdrückliche Bewilligung ihrer Hundeproduktionsmaschine angewiesen gewesen zu sein. Eine solche Bewilligung hätte leichter durchsetzt oder gar widerrufen werden können. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Darf man 50–700 Damhirsche während mehreren Jahren ganzjährig auf der gleichen, völlig abgeweideten, strukturlosen Fläche (keine Büsche, keine Bäume, kein Schatten, kein Windschutz, keine Rückzugsmöglichkeiten während der Absetzzeit) halten?  

Nadja Brodmann: Es gibt klare Vorgaben für die Haltung von Hirschen bzgl. der Belegungsdichte (Besatzdichte) und bzgl. Fütterung, Umzäunung etc. Auch Witterungsschutz muss vorhanden sein. Wenn sich das Gehege in der Schweiz befindet, können sie beim betreffenden kantonalen Veterinäramt eine Tierschutzmeldung einreichen (Online-Formular), die Behörde muss dem Fall dann nachgehen und wird bei Verstössen Massennahmen treffen.  

Wäre es nicht wunderschön, wenn die Kälber länger leben würden. Mein Herzenswunsch wäre ein Verbot Kalbfleisch zu produzieren und die Neugeborenen bitte nicht von der Mutter zu trennen. Wenn ich Werbung sehe, wie Tiere gut gehalten werden von tierlieben Bauern, junge Kälber fröhlich «umegümperle» und doch nur wenige Monate leben tut mir das weh.  

Antoine F. Goetschel: Es wäre wunderschön, und glücklicherweise scheinen Sie die Möglichkeit zu haben, so solchem Fleisch zu gelangen; falls Sie der Auffassung sind, das Fleisch dieser entzückenden Kälber essen zu wollen. Rechtlich gesehen halte ich es für wenig aussichtsreich, alle Bäuerinnen und Bauern der Schweiz zu einer solchen Aufzuchtform zu zwingen. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse,Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Guten Tag. Ich habe die nachfolgenden Fragen: Warum stand die Tierärztin im Fall Ramiswil derart unter Stress bei der Entscheidungsfindung? Einerseits sagt die Tierärztin, dass sie einen solchen Fall wie in Ramiswil noch nie angetroffen habe und gleichzeitig hat sie alle Hunde ohne Einbezug weiterer Tierärzte zur Einschläferung freigegeben. Solche Entscheide müssten nach dem Mehraugenprinzip entschieden werden!  

Nadja Brodmann: Wir gehen davon aus, dass die Tierärztin alle engen Mitarbeitenden zur Rate gezogen hat, dazu gehören auch die Jurist:innen des Veterinäramtes. Der Entscheid war sicher schwierig, weil Einschläfern immer das letzte Mittel der Wahl darstellt. Vermutlich hat das Veterinäramt zuerst noch abgeklärt, ob es genügend Plätze gäbe, um so viele Hunde zu platzieren. Aber das dürfte ein Ding der Unmöglichkeit gewesen sein. Dazu kommt noch, dass die Hunde z.T. nicht sozialisiert, nicht stubenrein und nicht erzogen waren. All dies hat vermutlich dazu beigetragen, dass die Tierärztin letztlich das Einschläfern angeordnet hat.  

Betreiben Zoos aktiven Tier- und Artenschutz? Und wenn ja: Wieso gibt es im Zoo Tiere, die nicht vom Aussterben bedroht sind? Dienen Zoos nicht ausschliesslich zu einem kommerziellen Zweck? Haben alle Tiere im Zoo psychische Krankheiten?  

Antoine F. Goetschel: Man kann sich ohne weiteres kritisch mit den zoologischen Gärten auseinandersetzen (was ich etwa ausdrücklich in meinem zwölften Buch «Tiere klagen an» (Fischer, Scherz-Verlag) über viele Seiten in Ihrem Sinne getan habe. Kurzum gilt der Zoo auch als Teil der Unterhaltungs-Industrie und bespielt das Bedürfnis ganz vieler, wilde Tiere zu sehen. Nur ein kleiner Teil der Einnahmen wird für eigentliche Tier- und Artenschutz-Projekte eingesetzt, und bei zahlreichen Zoos sind die von der europäischen Zoo-Richtlinie vorgeschriebenen Aufklärungspflichten nicht befriedigend eingehalten. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.iurAntoine F. Goetschel  

Welchen Labeln kann man zu 100 Prozent vertrauen, dass das Tierwohl eingehalten wird?  

Nadja Brodmann: Es ist extrem schwierig, immer alle Mitglieder eines Labels zu kontrollieren. Man kann nicht auf allen Höfen gleichzeitig präsent sein. Daher wäre meine Antwort: Vermutlich gibt es kein Label, das zu 100 %% keine schwarzen Schafe beinhaltet. Wenn Sie zu 100% sicher sein wollen, dass das Tierwohl immer vollständig eingehalten wird, dann müssten Sie stets vor dem Produktekauf vor Ort vorbeigehen oder selber Tiere halten. Es gibt aber sehr vertrauenswürdige Labels, die häufigere Kontrollen und strengere Vorgaben haben, zu diesen zählen: KAGfreiland, Demeter, Bio Suisse.  

Wie könnte eine solche Tragödie in Zukunft verhindert werden? Wo soll interveniert werden? Wären zusätzliche Gesetze notwendig?  

Antoine F. Goetschel: Es wird von einer Viel- bzw. Unzahl von Lösungsansätzen gesprochen. Nachdem ich den umfassenden «GAL Tierleitfaden 1.1. für Schweizer Vollzugsbehörden» verfasst und hierfür 160 grossteils vertrauliche Amtsverfügungen analysiert habe, sehe ich auf verschiedenen rechtlich und politisch durchsetzbaren Ebenen Verbesserungsbedarf. Klar bin ich als ehem. «Tieranwalt» etwas mit «eigenem Blick» unterwegs und konnte ich in Strafsachen m. E. erheblich zu einem besseren strafrechtlichen Vollzug im Kanton Zürich beitragen. Im Verwaltungsrecht gehört meiner Überzeugung nach eine instruktionsunabhängige Stelle einer «Rechtsanwaltschaft in Straf- und Verwaltungssachen» geprüft. Eine solche Stelle hätte das Veterinäramt juristisch sorgfältig begleiten können und im rechtlichen Namen der verletzten Tiere auch u.a. eine Verfügung des Veterinäramtes bei den oberen Behörden und Gerichten anfechten und die Amtshandlung durchsetzen können. Instruktionsunabhängig, weil die – manchmal aus politischen Gründen personell unterdotierten – Veterinärbehörden nicht «vor» einem aktiven (und pragmatischen) Tieranwalt durch die für Tierschutz verantwortliche regierungsrätliche Direktion geschützt werden sollte. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse, Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Warum muss erst was Schreckliches passieren, bevor das Gewusste angegangen wird?  

Nadja Brodmann: Oft wissen die Behörden gar nicht so genau Bescheid. Und aus rechtlicher Sicht dürfen sie Tiere nur beschlagnahmen, wenn konkrete Verdachtsmomente vorliegen. Dazu kommt noch der Personalmangel, Bund und Kantone müssen sparen.   

Dies führt leider oft dazu, dass es zu spät gehandelt wird.   

In vielen Fällen gibt es auch Privatleute, Bekannte oder Nachbar*innen, die zwar wissen, dass die Tiere nicht gut gehalten werden, aber nichts sagen und keine Meldung erstatten, weil sie die Verantwortlichen nicht «verraten» wollen. Entweder, weil sie diese gut mögen, oder (leider oft der Fall), weil sie fürchten, dass die Leute dann aggressiv werden und sie bedrohen.  

Darf ich theoretisch so viele Haustiere besitzen, wie ich will?  

Antoine F. Goetschel: Sprechen Sie bei der Anzahl zu haltender «Haus»-Tieren, von landwirtschaftlichen Nutztieren oder von «Heim»-Tieren (Companion Animals)? Faktisch begrenzt; bei Heimtieren etwa je nach Zucht mit Obergrenze, als Mieter oder SW-Eigentümer durch die Intensität der Belästigungen; kurzum kann Ihnen das Halten eines einzelnen Hundes oder einer einzelnen Katze grundrechtlich (und auch auf meine juristischen Forderungen seit den 1980-er Jahren hin) nicht verboten werden. Bei einer Überzahl bestehen zahlreiche Normen und eine entsprechende Gerichtspraxis für eine – je nachdem näher zu evaluierende – Obergrenze. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Morgen werden über 30 Pferde/Ponys aus dem Ramiswil-Fall versteigert.Nur bei einem kleinen Teil der Tiere ist der aktuelle Standort anfangs November Bodenacker Ramiswil. Nachgeschaut auf Tierverkehr/Agate. Standorte waren: Sorens/ Corban/ Gysenstein/Welschenrohr. Wurden diese Betriebe unangemeldet innerhalb 48 Stunden kontrolliert oder haben diese Betriebe nichts mit Frau B. zu tun?  

Antoine F. Goetschel: Mir liegen die Akten zur Überprüfung des von Ihnen dargelegten Sachverhalts nicht vor. Allerdings dürfte die Tierverkehrsdatenbank auf die eigentliche «Halterschaft» abstellen, unabhängig vom Ort der Unterbringung bei einem «Betreuer». Somit erscheint mir die Verantwortung, für die auswärts platzierten Tiere ebenfalls auch bei der eigentlichen Halterin zu liegen. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse,Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Guten Tag. Warum erlaubt das Schweizer Tierschutzgesetz, dass Mutterkühen ihre Kälber nach der Geburt weggenommen werden und diese Kühe massiv leiden. Es geht doch auch anders! MuKa Tierhaltung! Natürlich würde man weniger Milch von diesen Kühen bekommen und die Milch würde teurer, ABER: dieKühemüsstennicht so leiden. Und: die Konsumenten sind bereit, für einen Liter Hafer/ Soja/Erbsenmilch weit über CHF 2.- zu bezahlen. Wieso fördert der Tierschutz die MuKa Tierhaltung und Vermarktung und Aufklärung nicht? Aufklärung der Bevölkerung täte Not!  

Nadja Brodmann: Guten Tag, wir stehen in engem Austausch mit dem MuKa-Team und Cowpassion. Wir unterstützen auch ein MuKa-Projekt finanziell und in der Kommunikation. Auch andere Tierschutzorganisationen unterstützen MuKa. Das Problem ist, dass die MuKa-Betriebe einen deutlich höheren Milchpreis bräuchten, um davon leben zu können. Da die konventionelle Milch zu billig ist, fällt der Aufpreis für MuKa-Milch und -Milchprodukte umso höher aus. Und die meisten Leute sind gar nicht bereit, dies zu zahlen. Es bräuchte daher Direktzahlungen des Bundes (ein Förderprogramm), und den nötigen Anreiz zu schaffen für eine Umstellung auf MuKa-Haltung. Doch politisch hat dies leider keine Chance (die konventionellen Bauern im Parlament blockieren alle Neuerungen). Dazu kommt, dass der Detailhandel nicht mitmachen will und dadurch die Produkte nicht zu den Leuten gelangen.  

Finden Sie, der Bund soll mehr für Tierschutz machen?  

Antoine F. Goetschel:Pragmatisch besehen sehe ich den Handlungsbedarf beim Bund derzeit weniger im Verschärfen «materieller» Bestimmungen, also solche über den genauen Umgang mit Nutz-, Versuchs-, Heim-, Wild- und Sporttieren. Die Regelungsdichte, namentlich in der Tierschutzverordnung, ist mittlerweile beachtlich, im Vergleich zu den 1980-er Jahren, wie ich mich erstmals mit Tierschutzrecht befasst haben (so im «Kommentar zum Tierschutzgesetz» 1986). Im «Formellen» allerdings bei der Durchsetzung «seiner» Normen liesse sich ein stärkerer Eingriff in die kantonale «Vollzugshohheit» wünschen, etwa durch die Vorgabe von Rechtsinstituten wie eine «Rechtsanwaltschaft für Tierschutz in Straf- und Verwaltungssachen», sowie eine vollständige und systematisch aufgearbeitete und intensiv begleitete Datenbank sämtlicher oder vieler kantonaler Verfügungen im Tierschutz-Verwaltungsrecht. Als Vorbild oder Denkmodell könnte eine (pragmatischer ausgestaltete) (damals von mir mitgestaltete) Datenbank der Stiftung für das Tier im Recht über sämtlichen strafrechtlichen Entscheiden dienen. Diese – schlau vertraulich gehaltene – Datenbank im Tierschutz-Verwaltungsrecht könnte, zusammen mit den besten Tierschutzrechts-Juristen und Verwaltungsrechtlern, so aufgebaut werden, dass alle Vollzugsorgane mit grossem Gewinn und unter minimalem Zeitaufwand vorzügliche Unterstützung im Tierschutzrechtlichen erhalten würden; auch etwa gegenüber den teils aggressiv auftretenden fehlbaren Tierhaltenden und deren Anwälten/-innen. Mögen Fälle wie der aktuelle und frühere (etwa im Thurgau) zum Hindenken in diese Richtung beitragen? Schliesslich nützen Gesetze besonders, wenn sie gekannt und auch angewandt werden?! Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse, Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Lieber Dr. Antoine F. Goetschel, ich bin erschrocken über ihre Antwort auf meinen Herzenswunsch: Ich will eben nicht die entzückenden Kälber essen! Was für eine Antwort, dass ich das Glück habe solche entzückenden Kälber zu essen,eben nicht! Ich wollte an die Menschen appellieren, wenn sie noch Fleisch essen, doch bitte die Kälber nicht zu essen… no e guete Tag   

Antoine F. Goetschel: Besten Dank – wenn Essen, dann wohl besonders tierfreundlich gehaltene und aufgezogene Tiere: Hierin sind wir uns einig, oder?  

Meine Nachbarn haben einen Hof mit etwa 1000 Hühnern. Ich habe Angst, dass ich bei einem Ausbruch der Vogelgrippe (da sie wieder vorkommt) angesteckt werde. Ist das legitim oder muss ich mir keine Sorgen machen?  

Antoine F. Goetschel:Ich halte Ihre Bedenken keinesfalls für unbegründet; ob gerade bei der Vogelgrippe vermögen Veterinäre besser beurteilen. Allerdings steht die Welt vor den grossen Herausforderungen der Pandemieprävention (die nächste und wohl heftigere als die früheren, meist Zoonosen, also vom Zusammenleben mit Tieren stammend) und der antimikrobiellen Resistenz. Deshalb verlangen wir Tiergesundheit und Tierwohl in die Vereinten Nationen mit dem Entwurf unserer entsprechenden UN-Konvention als Grundlage für mehr Tierschutz als Grundlage für die Gesundheit von Tier und Mensch. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse, Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Guten Tag, Meine Frage lautet, wieso macht die Schweiz nicht mehr für den Tierschutz? Wir sagen, dass wir ein sehr strenger Tierschutz haben. Was stimmen mag, aber bei uns findet immer noch Tierversuche statt für Medikamente oder auch Massentierhaltung. Oder die Tierquälerei auf dem Bauernhof im Kanton Solothurn. Was kann man als einzelne Person machen, dass dies aufhört? Ich danke Ihnen schon im Voraus.  

Nadja Brodmann: Guten Tag, ja, Sie haben recht, dass wir zwar im internationalen Vergleich einen hohen Tierschutz-Standard haben, doch geht dieser in vielen Bereichen leider viel zu wenig weit. Gerade bei Nutz- und Versuchstieren sind die Minimalanforderungen – aus wirtschaftlichen Gründen! – leider viel zu gering. Wir setzen uns daher auf verschiedenen Ebenen für Verbesserungen ein, durch Öffentlichkeits- und Medienarbeit sowie in der Politik. Leider ist die politische Situation sehr schwierig, sodass im Parlament Neuerungen zugunsten der Tiere meist abgeblockt werden. Auf persönlicher Ebene können Sie beim Konsum darauf achten, tierleidfreie Produkte zu kaufen (Lebensmittel, Kosmetika, Putz- und Reinigungsmittel, keine «tierische Mode» etc.). Zudem ist es sehr wertvoll, wenn Sie in Ihrem Umfeld zu mehr Tierschutz aufrufen und persönlich zur Sensibilisierung der Leute beitragen. Sie können auch auf Flyer, Webseiten und andere wertvolle Informationen hinweisen. Und nicht die Augen verschliessen, wenn Sie Tierleid sehen, sondern dies aktiv angehen und melden bei den Behörden oder Tierschutzorganisationen. Auf politischer Ebene helfen Sie den Tieren, wenn Sie bei Abstimmungen über Verbesserungen zugunsten der Tiere an die Urne gehen und den Tieren so Ihre Stimme geben.  

Ich als Landwirt werde jedes Jahr mehrmals kontrolliert. Ich finde Kontrollen wichtig, damit es unsere Tiere gut haben. In der Landwirtschaft reichen schon kleine Fehler (Liegefläche 2 cm zu klein etc.) und diese werden stark sanktioniert. Strafanzeige, Direktzahlungskürzungen bis hin zum Tierhalteverbot. Warum wird das bei Privaten nicht auch so gehandhabt?   

Antoine F. Goetschel: Ich verdanke ausdrücklich Ihre aufbauende Haltung zu einem strengen Vollzug des Tierschutzes in der Landwirtschaft! Die Haltung von «Heim»-Tieren, also von Hunden und Katzen, untersteht eben nicht einem ähnlichen Finanzregime wie die Landwirtschaft und deshalb auch einem viel grobmaschigeren Vollzugsnetz, zumeist auf Anzeige und nicht auf regelmässige Kontrollergebnisse hin. Sollte dies geändert werden? Da wäre dem Widerstand der Hunde- und Katzenbesitzenden auf politischer Ebene schlau zu begegnen und käme ihnen die damalige Kampagne der Bauernschaft gegen einen «Stallvogt» entgegen. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse Dr.IurAntoine F. Goetschel  

Guten Tag, ich sehe auf Bauernhöfen immer wieder eine kleine Box, in der jeweils ein Kalb gehalten wird. Das Kalb kann sich gerade drehen, hat aber kaum Platz, ein paar Schritte zu machen. Wie viel Platz muss man einem Kalb im Minimum zugestehen und wie kann man reagieren, wenn man denkt, das gesetzliche Minimum sei unterschritten? Freundliche Grüsse  

Nadja Brodmann: Guten Tag, Kälber dürfen gemäss Tierschutzverordnung bis zum Alter von 2 Wochen in einer Box von 85 x 130 cm gehalten werden. Das ist leider sehr wenig und die üblichen «Kälberiglus» dürften diese Vorschriften erfüllen. Falls Sie denken, das Minimum werden unterschritten, können Sie dies mit dem Online-Formular auf der Website des betreffenden kantonalen Veterinäramts melden.  

Guten Tag, in unserem Dorf steht ein altes Schlachthaus, welches immer mal wieder genutzt wird, um nun Schaf zu schlachten. Ist das in der heutigen Zeit noch erlaubt? Freundliche Grüsse.  

Nadja Brodmann: Ja, lokales Schlachten ist erlaubt, sofern der Schlachtbetrieb alle Voraussetzungen / Vorschriften erfüllt und behördlich bewilligt. Für die Tiere sind kleine Schlachtlokale in der Nähe oft die beste Lösung. Denn im Gegensatz zu den grossen Schlachtbetrieben müssen die Tiere nicht weit transportiert werden, die Betreuungspersonen können das Tier bis zuletzt begleiten und die Betäubung (vor der Tötung) erfolgt von Hand – was bei seriösen und erfahrenden Personen weitaus schonender ist als, wenn die Tiere in die automatischen Schlachtanlagen gezwungen werden, was mit Angst und Stress verbunden ist und wo leider Fehlbetäubungen nicht auszuschliessen sind.  

Wie stehen Sie dazu, dass die EU künftig vegane Produkte nicht mehr mit Bezeichnungen wie Wurst oder Schnitzel versehen lassen möchte?   

Nadja Brodmann: Das erachten wir als Aktion der Fleischlobby, um alternative Produkte möglichst zu verdrängen. Reines Konkurrenzdenken und völliger Blödsinn. Aber leider gibt es solche Bestrebungen auch in der Schweiz.  

In meinem Dorf gibt es einen Hof, in welchem eines der Pferde das ganze Jahr draussen in einer kleinen plastifizierten Box steht. Ist das erlaubt?  

Nadja Brodmann: Nein, das ist nicht erlaubt: Pferde müssen täglich Bewegung erhalten, dazu zählen Auslauf oder die Nutzung (Ausreiten, Wagen ziehen, etc.) Zudem brauchen sie Sozialkontakt, das heisst, sie müssen in Sicht-, Geruchs- oder Hörkontakt zu anderen Pferden stehen.  

An wen muss man sich richten, wenn Tiere (momentan viele Schafe) auf Weiden ohne Witterungsschutz stehen. Kein trockener Ort, Wind und Wetter ausgesetzt. Ist es nicht gesetzlich vorgeschrieben? Auf Nachfrage beim Kanton Fribourg habe ich von Frau X einen Link zur Moderhinke erhalten. Wo kann man zielführend nachfragen? Merci vielmals und Gruss   

Nadja Brodmann: Witterungsschutz ist gesetzlich vorgeschrieben. Also am besten dem kantonalen Veterinäramt melden (Online-Formular für Tierschutzmeldungen /Verstösse).  

Finden Sie, jedes Tier hat denselben Wert?  

Antoine F. Goetschel: Ihre Frage hat eine tiefere Bedeutung. Vor dem Hintergrund der «Würde der Kreatur», die wir in der Schweizer Bundesverfassung und im Tierschutzgesetz fest verankert haben, so kann der «Wert» eines Tieres im Ethischen nur schwerlich gewichtet werden. Wir stossen auch beim «Wert des Menschen», dessen Würde auch geschützt ist, im Ethischen schnell an Grenzen. In unserer (Kapital orientierten) Welt wird die Diskussion heruntergebrochen auf Preise von Nutztieren und Ausfallentschädigungen; auf den «Affektionswert» von gewissen Heimtieren, die getötet oder verletzt worden ist; also rein monetär betrachtet, bestehen zwischen den Schweineferkeln und dem speziell ausgebildeten Lawinenhund ein Unterschied. Vom ethischen Blickwinkel betrachtet, liegt eine Art Gleich-Wertigkeit näher. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse, Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Wieso wird im Tierschutzrecht die Unterscheidung so stark vorgenommen, dass nur der Jäger ein Wildtier erlösen darf und der Tierarzt ein Haus- oder Nutztier. Nach meinem Ermessen steht je nach Situation somit nicht mehr das Tierwohl/der Tierschutz im Vordergrund, sondern wer was darf/soll?  

Antoine F. Goetschel: Unser Verhältnis zu Tieren ist «paradox und komplex»; somit auch der sehr unterschiedliche Umgang mit ihnen, etwa anhand des Beispiels der Euthanasie (Schnellschuss durch Erlösung durch den Jäger und teils langjährige Diskussionen mit dem privaten Tierarzt um den Aufschub der Euthanasie des leidenden Heimtieres, wie ich als Tieranwalt erleben musste). Klar eine Euthanasie nur die Fachpersonen begrüssend, um unnötiges Leiden der Tiere zu vermeiden, so sollen Private nicht einfach ihr Tier etwa zu Tode verprügeln dürfen. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse, Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Warum tut sich die Schweiz so schwer damit, konkrete Schritte zur Abschaffung der Massentierhaltung einzuleiten, obwohl diese weder ökologisch noch gesund ist, und wäre es nicht sinnvoller, statt zu Klimakonferenzen ins Ausland zu reisen, zuerst im eigenen Land anzusetzen und Bauern direkt beim Umstieg auf nachhaltige Produktionsformen zu unterstützen?  

Nadja Brodmann: Wir stimmen Ihnen zu 100 Prozent zu in Ihren Einschätzungen. Leider ist der Mensch ein Gewohnheitstier und lässt sich sehr schwer bei persönlichen Entscheidungen «reinreden». Viele erachten Fleisch essen als Kulturgut und persönliches Recht! Wichtig wäre, dass nicht nur in der Gesellschaft ein Umdenken stattfindet – da müssen wir bei den Kindern und Jugendlichen sensibilisieren! – sondern auch auf politischer Ebene ein Wandel vorangetrieben wird. Sämtliche Neuerungen in dieser Richtung werden aber derzeit im Parlament blockiert, das sehr «Bauern-lastig» ist, die Landwirtschaftslobby der Grossbauern und des Bauernverbandes ist extrem stark. Dies verhindert leider auch Förderprogramme für nachhaltigere Produktionsformen weitgehend.  

Kann die Frau von Ramiswil mit einer angemessenen Strafe für Ihre Verbrechen rechnen?Aus meiner Sicht wäre eine Gefängnisstrafe angemessen.  

Antoine F. Goetschel:Es wird mit einer straf- und verwaltungsrechtlichen Aufarbeitung des Falles zu rechnen sein. Ohne dass ich in diesem hochemotionalen und komplexen Fall Akteneinsicht habe, so spricht für eine besonders hohe Bestrafung die «objektive Tatschwere» in Form der erheblichen Vielzahl leidender Tiere über eine längere Zeit. Als Tieranwalt hätte ich zu meiner Amtszeit von daher sicherlich auf eine hohe Bestrafung hingewirkt. In einem Rechtssystem, das glücklicherweise auf das Verschuldensprinzip abstellt, also auf die subjektive Sicht der Dinge und damaligen Umstände, werden «Absicht, Vorsatz, Eventualvorsatz, grobe Fahrlässigkeit» von dem Gericht einlässlich geprüft werden. An dieser Stelle möchte ich gegen eine Vor-Verurteilung durch Private und Medien das Wort reden, so auch deshalb, weil vor Gericht, teils mit Erfolg, eingewendet werden kann, die Person (mitsamt ihrer Kinder und Freunde) sei durch die Öffentlichkeit und durch Private derart unter erheblichen Druck gesetzt worden, dass dies strafmindernd beachtet wird. Vielen Dank für Ihr Interesse und freundliche Grüsse, Dr.iur Antoine F. Goetschel  

Regional Diagonal, 22.11.25, 12:03 Uhr ; 

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