Der chinesische Präsident sollte sich bei seinem Besuch in Bern nicht nur sicher fühlen. «Der Bundesrat wollte mit diesem Staatsgast wichtige Gespräche führen», sagt Polizeikommandant Stefan Blättler. «Darum sollte der Gast nicht von einer Atmosphäre beim Bundesplatz begrüsst werden, welche erfolgreichen Gesprächen hätten schaden können.» Dafür zu sorgen, auch das sei Aufgabe der Polizei gewesen.
Das erwartet der Bundesrat von der Polizei.
Der Bundesrat hatte also weitere Erwartungen an die Polizei als nur, die Sicherheit zu garantieren. «Es ging um die Interessen der Schweiz, mit dem chinesischen Präsidenten ins Gespräch zu kommen und die Beziehungen mit China weiter zu entwickeln», sagt Stefan Blättler.
Auf der anderen Seite stehen die Grundrechte der Bevölkerung, das Recht auf freie Meinungsäusserung. «Es ist ebenso legitim, dass Leute ihre Unzufriedenheit mit der Situation in China zum Ausdruck bringen wollen.» In diesem Spannungsfeld stehe die Polizei. «Darin gibt es nicht die optimale Lösung.»
Die Behörden hatten eine Demonstration von Tibet-Aktivisten auf dem Waisenhausplatz bewilligt, vor dem Besuch des chinesischen Präsidenten am Sonntag in Bern. Am Nachmittag folgten Kundgebungen ohne Bewilligung in der Nähe des Bundesplatzes.
Wir führten am Sonntag dutzende Gespräche.
Die Polizei habe bei der unbewilligten Kundgebung zuerst mit den Demonstrierenden zu reden versucht, sagt der Polizeikommandant. «Wir sagten ihnen mehrfach, sie sollten sich dort entfernen.»
Hintergrund
Wenn solchen Anweisungen nicht gefolgt werde, müsse die Polizei mindestens kontrollieren, wer diese Leute seien. Mehrere Leute hätten sich auch dem widersetzt, darum nahm die Polizei im Lauf des Sonntags 32 Leute zur Personenkontrolle mit auf den Posten.
Fahnen an privaten Gebäuden
In zwei Fällen sprach die Polizei bei Privatleuten vor, die in ihrem Garten oder an ihrem Haus eine Tibetfahne aufgehängt hatten. Es sei in keiner Weise darum gegangen, das zu verbieten, sagt Blättler. «Das dürfte die Polizei nicht.» Man habe diese Leute darauf aufmerksam gemacht, dass es besser wäre, wenn der chinesische Präsident die Fahne nicht zu Gesicht bekäme. Im einen Fall habe es sich erübrigt, weil der Konvoi nicht dort durchgefahren sei. Im andern Fall habe der Bürger die Fahne weggenommen. «Das hat uns die Arbeit erleichtert und dafür bin ich dankbar», sagt Stefan Blättler.