Am Samstag ist es wieder soweit. Ab 17 Uhr ziehen die Luzerner Spielleute durch die Gassen der Altstadt, singen Weihnachtslieder und präsentieren ihre Version des Krippenspiels. Sternsingen nennen sie es – wobei ihre Aufführung wenig gemein hat mit dem Tür-zu-Tür-Sternsingen wie man es sonst kennt in der Schweiz.
Das Sternsingen der Luzerner Spielleute gleicht eher einer Prozession, die seit über 80 Jahren gleich abläuft. An der Spitze des Umzugs gehen die Sternengel – Kinder mit einem grossen Stern in der Hand, es folgt der Chor, dann die drei Könige mit ihrem Hofstaat, die Hirten und schliesslich Maria und Josef mit dem Jesus-Kind.
Ein Licht in Krisenzeiten
Die Tradition geht auf das Jahr 1938 zurück, als der damalige Präsident der Spielleute das erste Luzerner Sternsingen organisierte. Ein Jahr darauf brach der Zweite Weltkrieg aus. Trotz dem folgenden grossen Leid und obwohl auch Schweizer Bürger während des Krieges andere Sorgen hatten, zogen die Luzerner Sternsinger jeden Dezember stoisch durch die Gassen der Altstadt.
«Ich bin überzeugt, dass sich das Sternsingen nicht trotz des Krieges durchgesetzt hat – sondern wegen des Krieges», meint der heutige Leiter Christoph Brun. «Es war ein Gegengewicht zu den schwierigen Zeiten. Solche Anlässe liessen die Bevölkerung eine gewisse Verbundenheit spüren.»
«Wir haben eine grössere Toleranz»
Auch spätere Krisen hat das Sternsingen überlebt, sodass es auch 2019 noch gleich abläuft wie zu Kriegszeiten – im Guten wie im Grenzwertigen. Gewisse Elemente scheinen heute aus der Zeit gefallen. So malen sich die zwei der drei Könige ihre Gesichter an – der König aus Asien gelb und der König aus Afrika schwarz. Im englischsprachigen Raum wird dieses «blackfacing» als hochgradig rassistisch angesehen und wäre auf keinen Fall mehr möglich.
«Mein Schwiegersohn ist Engländer», sagt Brun, «er ist tatsächlich erschrocken, als er das zum ersten Mal sah». In Luzern habe sich jedoch niemand daran gestört: «Ich glaube, wir haben da eine grössere Toleranz. Die Fasnacht ist ein anderes Beispiel dafür.» Er sehe aktuell keinen Anlass, etwas daran zu ändern.
Im Gegenteil: Es lohne sich, den Brauch des Sternsingens weiterhin zu pflegen, sagt Brun, «besonders wenn ich sehe, wie viel Freude die Zuschauer und besonders die Kinder jeweils an der Darbietung haben». Er selber geniesse den Schluss der Darbietung am meisten: «Alle zusammen – der Chor, die Schauspieler und die Zuschauer – singen Stille Nacht. Ich kriege jedes Mal Hühnerhaut.»