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Streit um Direktzahlungen Aargauer Bauer zieht vor Verwaltungsgericht

Es ist eine etwas verkehrte Welt: Ein Aargauer Bauer macht Beschwerde gegen eine Verfügung des Kantons. Es geht um die Kürzung von Direktzahlungen. Der angeklagte Kanton aber will den Prozess gar nicht gewinnen. Im Gegenteil: Eigentlich steht man auf der Seite des Bauern.

Die Geschichte in Kürze:

Es war eine böse Überraschung für einen Aargauer Landwirten: Ihm wurden fast 100'000 Franken Direktzahlungen gestrichen. Dies als Strafe dafür, dass er das Journal über seinen Auslaufstall nicht richtig geführt habe. Über den spektakulären Fall berichtete die Bauernzeitung im Dezember.

Nun wehrt sich der Bauer mit einer Beschwerde beim Verwaltungsgericht, wie das Aargauer Landwirtschaftsamt auf Anfrage von SRF bestätigt. Der Fall hat aber auch ein politisches Nachspiel.

Die Einzelheiten zur Geschichte:

Das ist der Hintergrund: Bauern erhalten Direktzahlungen für die Erbringung von gewissen Leistungen. Zum Beispiel will der Gesetzgeber, dass Kühe an die frische Luft dürfen. Wer einen Auslaufstall baut und die Kühe regelmässig rauslässt, erhält dafür Geld. Der Bauer muss dazu Buch führen über den Auslauf der Tiere, er muss ein «Auslaufjournal» führen.

Auslaufstall mit drei Kühen neben einer Scheune
Legende: Das Aargauer Verwaltungsgericht muss nun über eine Kontrolle in einem Auslaufstall urteilen. Es geht um viel Geld. Keystone (Symbolbild)

Das ist der konkrete Fall: Bei einem Bauern gab es Unstimmigkeiten in diesem Auslaufjournal, wie das Veterinäramt anlässlich einer Kontrolle festgestellt hatte. Als Sanktion gegen fehlbare Bauern kürzt das Landwirtschaftsamt die Direktzahlungen für den Landwirten.

Das ist das Problem: Seit zwei Jahren gilt dafür gemäss Bundesverordnung ein Strafpunkte-System, wie Matthias Müller vom Aargauer Landwirtschaftsamt erklärt. «Wer zum Beispiel eine Kuh nicht rauslässt, erhält vier Punkte. Wer 30 Kühe hat, für den gibt es also 120 Punkte.»

Verordnung wird überarbeitet

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Sanktionierungen von Bauern sind nicht selten. 2015 wurden die Direktzahlungen schweizweit in rund 5000 (von 46'000) Betrieben gekürzt. «Wir haben keinen Spielraum für Kulanz», erklärt Daniel Meyer vom Bundesamt für Landwirtschaft. Die Kürzungen sind in einem Anhang zur Direktzahlungsverordnung geregelt. Dieser werde derzeit überarbeitet, so Meyer.

Die Krux: Wenn ein Bauer mehr als 110 Strafpunkte erhält, dann werden ihm alle Direktzahlungen gestrichen. Es gibt also auch kein Geld mehr für ganz andere Leistungen des Bauern, zum Beispiel Blumenwiesen, obwohl diese Blumenwiesen mit den Kühen und dem Auslauf nichts zu tun haben.

Das sagt der Kanton: Dieser «Totalausschluss» sei im konkreten Fall aus seiner Sicht «nicht verhältnismässig», kritisiert Matthias Müller, der Leiter von Landwirtschaft Aargau. Der Bauer habe zum ersten Mal gegen die Regeln verstossen.

Allerdings sei der Kanton nur die Vollzugsbehörde. Man müsse die Bundesvorgaben erfüllen, das hätten auch Rücksprachen in Bern bestätigt.

Das fordert der Kanton: Für Matthias Müller ist klar, dass der Bund seine Vorgaben ändern muss. «Früher konnten die Kantone eine Verhältnismässigkeit anwenden. In diesem konkreten Fall hätten wir sicher nicht alle Direktzahlungen gestrichen.»

Er und seine Kollegen aus anderen kantonalen Landwirtschaftsämtern haben deshalb interveniert beim zuständigen Bundesamt. «Die Verordnung muss angepasst werden, dass solche krasse Fälle nicht mehr passieren.»

Bundeshauskuppel vor Schneebergen-Panorama
Legende: Der Aargauer Fall dürfte auch im Bundeshaus noch zu reden geben. Keystone

Das passiert sonst noch: Auch die Politik wird aktiv. Der Aargauer SVP-Nationalrat Hansjörg Knecht bestätigt gegenüber SRF, dass er in dieser Sache einen Vorstoss prüfe. Falls das Bundesamt für Landwirtschaft nach dem Druck aus den Kantonen nicht von sich aus reagiert und die Regelungen anpasst.

Und worum geht es beim Gerichtsprozess? Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau wird sich mit der Frage befassen, ob der betroffene Bauer überhaupt schuldig ist, ob ihm also ein Fehlverhalten nachgewiesen werden kann.

Ob die Bundesverordnungen sinnvoll sind, darüber kann das Aargauer Gericht natürlich nicht urteilen. Allerdings dürfte der juristische Prozess zusätzlichen politischen Druck aufbauen. Und das ist – in diesem Fall – auch ganz im Sinne des angeklagten Kantons.

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