Es ist ein Theaterstück in bisher vier Akten. Der Kampf zwischen Hundeliebhabern und Wildtierschützern im Kanton Solothurn. Das Thema: Die Leinenpflicht.
1. Akt: Regierung weitet Leinenpflicht aus
Die Regierung beschliesst eine neue Jagdverordnung. Darin wird die Leinenpflicht für Hunde ausgeweitet: Sie gilt neu nicht nur im Wald, sondern auch am Waldrand – konkret 100 Meter um den Wald herum. Und sie gilt neu vier Monate lang (April-Juli) statt nur zwei Monate lang.
Die Begründung der Regierung: Es würden pro Jahr rund 30 Rehe gerissen von freilaufenden Hunden. Die sogenannte «Brut- und Setzzeit» der Wildtiere sei eben je nach Art verschieden und beginne früher und ende später als bisher im Gesetz berücksichtigt.
2. Akt: Kantonsrat legt Veto ein
Mehrere «Hündeler» und Hundefrende im Kantonsparlament legen ein Veto ein. Ihnen gehen die neuen Bestimmungen zu weit. Sie argumentieren: Der Tierschutz verlange, dass man den Hunden täglichen Freilauf gewähre. Diese eidgenössische Regelung könne man nicht einfach ignorieren.
Was ist ein «Veto»?
Eine Mehrheit des Kantonsrats erklärt das Veto für erheblich. Damit wird die neue Jagdverordnung «kassiert». Sie gilt nicht. Die Regierung muss noch einmal über die Bücher.
3. Akt: Regierung lenkt nur teilweise ein
Die Regierung legt eine angepasste Verordnung vor. Die Leinenpflicht gilt nun ausschliesslich im Wald – der Waldrand (100m-Korridor) ist wieder ausgenommen. Allerdings beharrt die Regierung auf einer Dauer von vier Monaten für die Leinenpflicht.
Ihr Argument: Diese vier Monate gelten auch in den Nachbarkantonen Aargau und Baselland. Sie wolle einen «Hunde-Tourismus» verhindern.
4. Akt: Es folgt das zweite Veto
Diese Woche haben nun erneut 30 unterzeichnende Kantonsräte ein Veto gegen die neue Verordnung verlangt. Ihnen geht auch die Dauer der Leinenpflicht von vier Monaten zu weit. Die Verdoppelung von zwei auf vier Monate sei weder notwendig noch verhältnismässig. Sie schränke die Bewegungsfreiheit des Menschen (mit Hund) «grundlos weiter ein».
Die Forderung ist klar: Die Leinenpflicht soll wieder so geregelt sein wie früher – nur zwei Monate lang, von Mai bis Juni.
Fortsetzung folgt...?
Dieses Veto muss nun erneut im Kantonsrat diskutiert werden. Die Geschichte endet, falls eine Mehrheit im Kantonsrat die «Hündeler» nicht mehr unterstützt und das Veto nicht erheblich erklärt wird. Dann gilt die neue Verordnung.
Das Drama geht aber weiter, falls das Veto noch einmal an die Regierung überwiesen wird. Dann stellt sich die Frage: Lenkt die Regierung ein, kürzt sie die Leinenpflicht wieder auf zwei Monate? Oder beginnt dann vielleicht ein «Basar» zur Leinenpflicht?
Die Regierung könnte die Leinenpflicht ja auch nur um zwei Wochen kürzen, dann folgt das nächste Veto aus dem Kantonsrat, dann kürzt die Regierung noch einmal eine Woche, dann folgt das nächste Veto...Theoretisch wäre dieses Prozedere möglich. Theoretisch könnte dieses Theater also durchaus noch länger dauern.
(Regionaljournal Aargau Solothurn, 12:03 Uhr)