Im Auftrag der Kantone Graubünden und Tessin hat das Geografische Institut der Universität Zürich die Ursachen für das Abstimmungsergebnis im Jahr 2016 untersucht. Norman Backhaus, Professor für Humangeographie und Studienleiter über die wichtigsten Erkenntnisse.
SRF News: Was war der Grund, dass im November 2016 das Projekt für einen zweiten Nationalpark in der Schweiz an der Urne bachab geschickt wurde?
Norman Backhaus: Es gibt nicht den einzigen Grund für das Nein, es sind mehrere gewesen. Hatte man beispielsweise das Gefühl, dass es der eigenen Region gut geht, so dachten viele, man brauche den Nationalpark nicht.
Die Leute hatten das Gefühl in der Freiheit eingeschränkt zu werden
Ein ganz wichtiger Grund war auch die Selbstbestimmung, dass man das Gefühl hatte, in der Freiheit eingeschränkt zu werden.
Das heisst, viele hatten Angst nicht mehr leben zu können wie gewohnt?
Ja, interessant ist noch etwas anderes. Das Parkprojekt wurde relativ früh als ein Projekt wahrgenommen, das von aussen kommt, also vom Kanton, dem Bund oder dem Unterland. Die Projekte sind aber alle so gestaltet, dass sie aus der Region kommen. Auch diese Idee kam aus der Region, aber es ist nicht so bei der Bevölkerung angekommen.
Fremdbestimmung, Einschränkungen, all dies waren Argumente im Abstimmungskampf - auch in ihrer Studie hat die Bevölkerung zum Teil diese Gründe genannt. Gab es trotzdem Überraschungen?
Ja, beispielsweise, dass das Nationalparkprojekt von einem Naturschutzprojekt zu einem Regionalwirtschaftsprojekt mutiert ist. Es wurde vor allem über ökonomische Aspekte gesprochen, auch von den Befürwortern. Die naturschützerischen Argumente sind etwas in den Hintergrund getreten.
Nachdem sie sich das Thema der Adula-Abstimmung nun genau angeschaut haben, welches Fazit ziehen sie?
Beim Parc Adula waren, wie gesagt, verschiedene Gründe ausschlaggebend. Es war ein sehr grosses Projekt, ein grosses Gebiet für die Schweiz. Es war eine Region, die es bisher weder politisch noch kulturell gegeben hatte. Das Gebiet war sehr unterschiedlich. Das wäre eigentlich eine Chance gewesen, genau dort etwas zu machen, war aber gleichzeitig auch erschwerend für das ganze Projekt. Auch fehlte es an Führungspersonen. Es gab zwar viele, die sich mit Herzblut eingesetzt hatten. Es fehlte aber eine charismatische Figur, zu der die Leute Vertrauen hatten.