Worum geht es? In einer neu anlaufenden Studie aus Grossbritannien nehmen Kinder Lebensmittel zu sich, auf die sie eigentlich allergisch reagieren. Das soll sie desensibilisieren. Die Therapie wird seit den letzten Jahren auch zunehmend in Schweizer Spitälern angeboten. Johannes Trück, Leiter Allergologie vom Uni-Kinderspital Zürich etwa sagt: «Wir machen das bei uns routinemässig seit rund zwei Jahren mit bisher knapp 150 behandelten Patientinnen und Patienten.»
In welchem Stadium steckt die Studie? Die Studie ist erst in einem frühen Stadium und läuft noch bis 2027.
Wie funktioniert eine Desensibilisierung? Bei dieser oralen Immuntherapie isst und trinkt man genau die Lebensmittel, gegen die man allergisch ist. Zuerst nehmen die Allergiker nur Kleinstmengen dieser Lebensmittel zu sich. Die Menge wird dann alle paar Wochen etwas gesteigert. Bei einer Allergie nimmt das Immunsystem einen harmlosen Stoff in einem Lebensmittel als Fremdkörper wahr und der Körper greift sich selbst an. Mit der Therapie soll dieses fehlgeleitete Abwehrsystem gegenüber dem vermeintlichen Feind toleranter werden. Ähnlich wie bei Heuschnupfen.
Bringt die Desensibilisierung Heilung? Bei einer Lebensmittelallergie ist die Desensibilisierung nicht endgültig. Zunächst wird die Dosis ungefähr ein halbes Jahr lang gesteigert. Nach dieser Aufbauphase müssen die Betroffenen oft lebenslang mehrmals pro Woche zum Beispiel einige Nüsse essen, damit das Immunsystem ruhig bleibt. Kinder erhalten auch ein Notfallkit und sie müssen hin und wieder zur ärztlichen Kontrolle.
Wie erfolgversprechend ist diese Therapie? Zwei Beispiele aus Grossbritannien zeugen vom Erfolg, berichtet der britische Sender BBC. Ein fünfjähriges Mädchen, das keine Milch trinken konnte, kann nach sechs Monaten Therapie täglich ein Glas Schokoladenmilch geniessen. Ein elfjähriger Junge mit Erdnussallergie isst jetzt täglich sechs Erdnüsse ohne Reaktionen. Dass das möglich sei, bestätigt auch Johannes Trück, der Leiter Allergologie des Uni-Kinderspitals Zürich. Die Therapie kann die Reaktionen auf Allergene verringern, aber es gibt Grenzen bei der Menge.
Welche Risiken birgt die Therapie? Die Behandlung ist nicht risikofrei. Gerade am Anfang, wenn die Dosis gesteigert wird, gibt es oft mehr allergische Reaktionen als sonst. Die Schulung der Kinder und Eltern oder auch ein Notfallkit mit einer Adrenalininjektion ist daher wichtig.
Wie ist der Stand in der Schweiz? In der Schweiz ist es immer noch üblich, allergieauslösende Lebensmittel konsequent zu vermeiden. Oft verschwinden diese Allergien im Kindesalter von allein. Erst wenn das nicht der Fall ist, erhält ein Kind die orale Immuntherapie.
Welche Fragen bestehen noch? Es gibt noch viele offene Fragen, wie beispielsweise die Notwendigkeit einer lebenslangen Fortführung der Desensibilisierung oder die Wirksamkeit der Therapie bei anderen Lebensmittelallergien als Milch, Eier oder Nüssen. Um diese Fragen zu klären, sind weitere Studien erforderlich, insbesondere Langzeitstudien.
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