Mit aller Kraft will Brüssel Griechenland bei sich halten. Ein Austreten Griechenlands aus der Euro-Zone ist für Angela Merkel und Co. keine Option. Der Grund dafür ist vor allem psychologischer Natur, wie Peter Bofinger am Swiss Economic Forum erklärt. Der Ökonom ist einer der fünf Wirtschaftsweisen in Deutschland und berät die Regierung in Wirtschaftsfragen.
«Sobald ein Land austritt, bekommt diese Währungsunion eine andere Qualität», sagt er im Interview mit «ECO»-Moderator Reto Lipp. «Es ist wie ein Sprung in der Schüssel», der voraussichtlich «destabilisierende Prozesse» nach sich ziehen würde.
Ein Grexit lohnt sich auch für Griechenland nicht mehr
Aber auch wenn Bofinger die griechische Brille aufsetzt, kann er einem Grexit keinen Sinn abgewinnen. «Es würde sich für Griechenland nicht mehr lohnen, aus dem Euro aus zu treten», sagt er. Man habe bereits so viele Opfer gebracht und die Löhne gesenkt, dass es sich nicht mehr lohnen würde, aus dem Euro aus zu treten.
Eine eigene Währung sei aber auch so kein Königsweg. «Sehen Sie, welche Probleme die Schweiz hat. Wenn man sich den Stürmen der Devisenmärkte aussetzt, hat man auch kein leichtes Leben.» Sicher habe die Konstruktion des Euro Schwächen. Aber man wisse, dass Devisenmärkte vollkommen irrational seien und auch sehr schnell Volkswirtschaften zerstören könnten. «Das ist genau die Ratio der Währungsunion, dass man sagt, zwischen Ländern, die Handel treiben, schalten wir einfach den Devisenmarkt aus.»
Geringere Überschüsse verlangen
In seinen Augen braucht Griechenland nun vor allem Eines: Stabilität. «Diese ist durch die neue Regierung sträflich beschädigt worden.» Unternehmen und auch private Haushalte müssten wissen, woran sie sind.
Von EU-Seite sollte nun etwas Nachsicht gezeigt werden – allerdings nicht im Sinne eines Schuldenschnitts. «Das Entscheidende ist, wie viele Haushaltsüberschüsse Griechenland produzieren muss. Da sollte man jetzt konservativ herangehen», sagt Peter Bofinger. Es brauche realisierbare Überschüsse, damit das Land sich wieder auffangen könne.
Neue Finanzhilfen wahrscheinlich
Ob im Juni mit zusätzlichen finanziellen Hilfen zu rechnen sei, will Reto Lipp wissen. Dann müsste Griechenland (bereits verlängerte) Finanzhilfen des Internationalen Währungsfonds zurückzahlen. Es geht um rund 300 Millionen von insgesamt mehr als 1,5 Milliarden Euro.
Bofingers Antwort folgt rasch und deutlich: «Davon bin ich überzeugt.» Die Wirtschaftslage habe sich derzeit dermassen getrübt, dass alle Prognosen deutlich verfehlt würden.