Es könnte eine Schlagzeile von heute sein: «Weil das Wasser verseucht ist, müssen wir das beliebte Heilbad schliessen.» Es ist aber keine Überschrift aus dem Jahr 2019, sondern der Stoff, aus dem Henrik Ibsen vor fast 200 Jahren seinen «Volksfeind» gemacht hat. Ein Theaterstück, das zu den Klassikern zählt, und das man garantiert nicht aktualisieren muss.
Der Menschenfreund Doktor Stockmann meint es gut. Dank seiner Entdeckung sollen Menschen gerettet und das Heilbad saniert werden. Das sehen seine Gegenspieler allerdings anders. Mit ihrem hinterhältigen Spiel machen sie aus dem Menschenfreund einen Volksfeind.
Wenn man die Regie gar nicht wahrnimmt
Der Regisseur Kay Neumann nimmt Ibsen wörtlich. Das beginnt schon beim Bühnenbild. Ein schlichtes Wohnzimmer, genau wie Ibsen es beschreibt, steht auf der Spielfläche. Das ganze Ensemble trägt zeitgemässe Alltagskleidung, der Protagonist mit Vorliebe einen kuscheligen Trainingsanzug.
Und während andere Regisseure ihre Schauspieler rumturnen lassen oder mit Videoclips überfluten, bleibt Neumann ganz beim Original. Quasi nach dem Motto: Bei diesem Stück ist die beste Regie vielleicht die, die man als solche nicht wahrnimmt.
Harziger Anfang, dann kommt die Freude
Im ersten Akt wirkt das ganze Spiel eher schwerfällig und nicht jede Figur findet sofort zu ihrem Charakter. Aber je länger der Abend dauert, desto mehr gewinnt er an Ausdruck, an Tempo und an Spielfreude. Sodass man nach gut zweieinhalb Stunden gerne mitklatscht, beim lauten Schlussapplaus.
(Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 17:30 Uhr)