Autobahnen sind für Hirsche, Rehe, Wildsäue oder Dachse ein unüberwindbares Hindernis. Darum gibt es in den Gebieten, die zu den Lebensräumen der Wildtiere gehören, Brücken über Autobahn und Zuggeleise – über die A1 zwischen Bern und Zürich zum Beispiel – östlich von Kirchberg.
Die Brücke ist ein 60 Meter breiter Grünstreifen mit Büschen und Sträuchern. Der Lärm der Autobahn macht den Wildtieren nichts. «Tiere gewöhnen sich schnell an Geräusche, die gleichmässig sind», sagt der bernische Jagdinspektor Niklaus Blatter. Sie hätten mehr Mühe mit etwas Unerwartetem – wenn ein Mensch vorbeilaufe zum Beispiel.
Weniger Wildunfälle
Vor 20 Jahren, als die Brücke noch nicht stand, habe es regelmässig auf der Autobahn Wildunfälle gegeben, sagt Blatter. Man habe den Standort der Brücke gewählt, weil hier die Tiere immer durchgelaufen sind. Allerdings gab es heftige Diskussionen um die Kosten. Aus diesem Grund ist die Brücke auch nur 60 und nicht 100 Meter breit, wie ursprünglich geplant.
Mit der Brücke können die Wildtiere die Autobahn unbeschadet überqueren. Danach wird es aber gefährlich. Vor allem für Hirsche ist die Hauptstrasse Bern-Zürich ein grosses Problem. Immer wieder werden hier Tiere überfahren.
Der Rothirsch im Mittelland muss einen hohen Blutzoll bezahlen.
Aber die Kollisionen sind auch für Menschen gefährlich. Vor einem Jahr starb ein Autofahrer. Wildtiere haben es also trotz Brücken schwer, von einem Gebiet ins nächste zu kommen. Rothirsche legen weite Strecken zurück – vom Mittelland in den Jura zum Beispiel.
Im Kanton Bern gibt es 24 Wildtierkorridore, die für die ganze Schweiz wichtig sind. Fast die Hälfte davon ist aber teilweise oder ganz unterbrochen. So auch der Wildtierkorridor BE6 zwischen Zollikofen und Münchenbuchsee. Da wechseln die Hirsche eigentlich zwischen dem Emmental und dem Seeland hin und her – wenn sie können.
Für den Hirsch ist es ein Notfallszenario, wenn er hier durchkommen will.
Das Gebiet zwischen Strasse und Bahnlinie ist zu verbaut für die Hirsche. Manfred Waibel, Gemeindepräsident von Münchenbuchsee, ist das Problem bekannt – eine Lösung hat er aber nicht. Man könne die Eisenbahnlinie nicht einfach sperren oder das Wohnquartier abreissen, so Waibel.
Eine regionale Lösung ist nötig
Man müsse das Problem ganzheitlich betrachten, sagt Wildhüter Romeo de Monaco. In diesem Fall könnte eine Unterführung, die im Moment von Fahrzeugen benutzt wird, zu einer Wildtierunterführung ausgebaut werden. Diese steht auf dem Gebiet der Nachbargemeinde Mooseedorf. Für eine überregionale Lösung müssten aber die Gemeinden zusammenarbeiten und der Kanton Bern bei der Finanzierung mithelfen, sind sich Waibel und de Monaco einig.
Wir würden alle in der gleichen Schweiz leben, betont Wildhüter Romeo de Monaco. Dafür solle man auch Geld investieren. Man zeige seinen Enkelinnen und Enkeln die Wildtiere doch besser im Wald als im Zoo. De Monaco hat bereits Hirsche beim Grauholz gesehen. «Die sind aber wieder umgekehrt, weil ihnen der Weg versperrt war.»