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Tödlicher Unfall Lenzburg Nur Busse statt Gefängnis für Aargauer Senior

Ein heute 82-jähriger Mann, der vor eineinhalb Jahren auf einem Fussgängerstreifen in Lenzburg eine 19-Jährige angefahren und tödlich verletzt hatte, muss nicht ins Gefängnis. Das Bezirksgericht Lenzburg verurteilte den Mann am Donnerstag zwar wegen fahrlässiger Tötung, als Strafmass verhängte das Gericht aber eine bedingte Geldstrafe und eine Busse von 10'000 Franken. Ausserdem muss der Mann die Verfahrenskosten übernehmen.

Die Staatsanwaltschaft hatte für den einschlägig vorbestraften Mann eine unbedingte Gefängnisstrafe von 15 Monaten gefordert. Das Gericht anerkennt nun zwar die fahrlässige Tötung, allerdings sei es nicht zweifelsfrei nachweisbar, dass der Mann beim Unfall zu schnell unterwegs war.

Ausserdem deutet das Gericht eine Mitverantwortung des Opfers an. In der Urteilsbegründung heisst es, eine Fussgängerin dürfe den Fussgängerstreifen nicht überraschend betreten und das Vortrittsrecht nicht erzwingen. Jedoch hätte der Mann im Bereich des Fussgängerüberganges auch vorsichtiger fahren müssen, insbesondere in der Nähe einer Bushaltestelle.

Ein tödlicher Unfall, der national Schlagzeilen machte

Der folgenschwere Unfall ereignete sich an einem Novemberabend im Jahr 2017 in Lenzburg. Eine 19-jährige Frau war auf dem Heimweg von ihrer Lehrstelle, zu Hause jedoch kam sie nicht an. Nach der Ankunft bei der Bushaltestelle, an welcher sie regelmässig ausgestiegen war, überquerte die junge Frau um ca. 21 Uhr die Strasse, wo sie mit grosser Wucht von einem Auto erfasst wurde.

Unfallauto mit kaputter Scheibe und eingedrückter Motorhaube
Legende: Die Spuren auf dem Unfallwagen belegen die Wucht des Aufpralls. zvg

Ein damals 81-jähriger Mann hatte die Frau auf dem Fussgängerstreifen nicht gesehen. Ungebremst erfasste er sie mit seinem Auto. Der Aufprall war massiv, die junge Frau wurde meterweit weggeschleudert und erlag kurz darauf im Spital ihren schweren Verletzungen. Der Fall löste schweizweit grosse Resonanz aus.

Senior war ohne Billett und angetrunken unterwegs

Mehr als eineinhalb Jahre später stand der Unfallfahrer nun vor dem Bezirksgericht Lenzburg. Die Staatsanwaltschaft plädiert auf eine unbedingte Gefängnisstrafe von 15 Monaten wegen fahrlässiger Tötung. Der Mann sei laut Anklageschrift mit 58 km/h – also zu schnell – unterwegs gewesen, ausserdem sei er auch einschlägig vorbestraft.

Tatsächlich hätte der über 80-Jährige an diesem Tag gar nicht mit dem Auto unterwegs sein dürfen. Einige Monate vor dem Unfall wurde dem Mann der Fahrausweis entzogen, weil er 2011 innerorts mit 80 statt der erlaubten 50 km/h unterwegs gewesen war. Dass er den Fahrausweis erst sechs Jahre später abgeben musste, lag daran, dass er sich bis vor Bundesgericht gegen das Verdikt gewehrt hatte.

Beim Unfall in Lenzburg komme strafverschärfend hinzu, dass der Mann zum Zeitpunkt des Unfalls angetrunken war, heisst es in der Anklageschrift. Ein Alkoholtest der Polizei ergab einen Wert von 0,2 Promille. Zusätzlich habe der Mann Fahrweise und Geschwindigkeit nicht an Regen und Dunkelheit angepasst und seine Aufmerksamkeit nicht auf den Fussgängerstreifen gerichtet. Hätte er das getan, hätte sich der Unfall wohl vermeiden lassen, schreibt die Staatsanwaltschaft.

Reue, Entschuldigung aber keine Aussage

Vor Gericht beteuerte der heute 82-Jährige am Donnerstag, dass ihm leid tue, was passiert ist. Er habe die junge Frau auf dem Fussgängerstreifen schlicht nicht gesehen. Weitere Aussagen machte der Beschuldigte vor Gericht indes nicht und antwortete auch nicht auf Nachfragen der Gerichtspräsidentin. Laut seinem Anwalt habe er alle nötigen Aussagen bereits gegenüber der Polizei gemacht.

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