Überraschende Wende im Fall Schwarzenbach: Das Bezirksgericht Bülach hat die Hauptverhandlung vertagt. Der Richter erklärte am Nachmittag, das Gericht sei noch nicht bereit, ein Urteil zu fällen. Zuerst müsse noch ein Zeuge von der Zollfahndung befragt werden.
Wann diese Befragung stattfinden kann, ist noch unklar. Das Bezirksgericht hofft aber, dass es die Hauptverhandlung noch in diesem Jahr abschliessen kann.
Zuvor hatten die Parteien aber noch ihre Anträge gestellt: Die eidgenössische Zollverwaltung hält an der Busse von vier Millionen Franken fest. Die Verteidigung fordert einen Freispruch für Urs Ernst Schwarzenbach.
Vorwurf Mehrwertsteuerhinterziehung
Die Oberzolldirektion wirft Schwarzenbach vor, rund 200 Kunstgegenstände unverzollt oder mit zu niedrig angegebenem Wert in die Schweiz eingeführt zu haben. Insgesamt geht es um 123 Fälle von Nichtanmeldung und 27 von Falschanmeldung beim Zoll.
Die Zollverwaltung erteilte darum Schwarzenbach wegen mehrfacher Mehrwertsteuerhinterziehung eine Busse von vier Millionen Franken. Zudem muss er Mehrwertsteuern von über zehn Millionen Franken plus Zins nachbezahlen.
Weil sich Schwarzenbach gegen die Busse wehrte, kam es zum Gerichtsprozess.
Schwarzenbach beteuert seine Unschuld
Vor der Unterbrechung der Verhandlung erhielt der Angeklagte nochmals das Wort. Er plädierte nochmals für seine Unschuld. Bezüglich der ihm vorgehaltenen Falschdeklaration könne er nachweisen, dass alles dem tatsächlichen Wert entspreche. Bei den Nichtdeklarationen sei in keinem der Fälle erwiesen, dass er die Kunstgegenstände in die Schweiz gebracht habe.
Schwarzenbach betonte zudem noch einmal, dass er nicht der Besitzer der Kunstwerke sei: «Wie können Sie mich für etwas büssen, das nicht mir gehört und das ich nicht in die Schweiz gebracht habe?»
«Keine Zeit für Zollprozedere»
Anders sehen das die Vertreter der Eidgenössischen Zollverwaltung. Für sie ist die Faktenlage so klar, «dass es keinen Zweifel gibt, wie es sich abgespielt hat». Alle Indizien zeigten, dass Schwarzenbach die Kunstgegenstände nicht verzollt habe.
Bezüglich der Falschangaben habe Schwarzenbach alleine bestimmt, welcher Wert als Grundlage genommen wird. «Teilweise hat er bereits zugegeben, Falschangaben gemacht zu haben», sagte der Vertreter der Zollverwaltung vor Gericht. Schwarzenbach habe vorsätzlich gehandelt und so Einfuhrsteuern hinterzogen und müsse darum die Busse von vier Millionen Franken bezahlen.
Erschwerend komme hinzu, dass der Milliardär und Kunstsammler «nachweislich weitere Kunstwerke nicht versteuert hat, obwohl das Verfahren gegen ihn bereits eröffnet worden ist».
Schwarzenbach habe dies unter anderem damit begründet, dass er keine Zeit habe, das Zollprozedere abzuwickeln, der Zoll am Flughafen Zürich nicht effizient sei oder er wegen 100'000 Franken kein Büro aufmache. Für die Zollverwaltung bestätige sich dadurch die Grundhaltung Schwarzenbachs: Er muss nur nach eigenem Gutdünken die Zollanweisungen einhalten.
«Tatbeweis fehlt»
Schwarzenbachs Verteidigung fordert hingegen einen Freispruch für ihren Mandanten: Für sie fehlt der Tatnachweis. Zudem seien 14 der Fälle bereits verjährt.
«Das Resultat der Untersuchung ist umfangreich, qualitativ aber dürftig», sagte der Verteidiger. Es gebe keine Beweise, dass sein Mandant Steuern hinterzogen habe. «Vieles wird angedeutet oder behauptet, nicht aber rechtsgenügend bewiesen.»
Die Verteidigung kritisierte zudem, dass die Echtheit der Werke nie geprüft wurde. Wenn es sich um Kopien handle, müsste die Mehrwertsteuer auf den Preis der Kopien erhoben werden und nicht auf dem Preis des Originals.
Die Verteidigung wirft der Zollverwaltung vor, sich selber stark unter Druck gesetzt zu haben, in dem sie die Öffentlichkeit breit informierte. Allerdings falle die Anklage mangels Beweise in sich zusammen.