«Entgegen den nationalen Trends haben noch nie so wenig Bauern ihren Betrieb aufgegeben wie im letzten Jahr.» Dieser Satz in der Medienmitteilung des St. Galler Bauernverbandes macht hellhörig und wirft zugleich Fragen auf. Was ist im Kanton St. Gallen wohl anders? Was machen die St. Galler Bauern besser?
Antworten liefert der Blick in die Statistik. Zwar ist auch im Kanton St. Gallen die Anzahl der Landwirtschaftsbetriebe in den letzten zehn Jahren zurückgegangen - von 4080 Betrieben im Jahr 2008 auf 3486 Betriebe im vergangenen Jahr, was einer Abnahme von 14,5 Prozent entspricht (schweizweit sind es 18,5 Prozent). Auffällig im Kanton St. Gallen ist jedoch eine andere Entwicklung, welche gleichzeitig die Erklärung liefert für die aus St. Galler Sicht besseren Zahlen.
Wir kennen im Kanton St. Gallen über 100 Nutzungsformen für Landwirtschaftsflächen.
Im Kanton St. Gallen gab es 2008 noch 2704 Betriebe, die Milch produzierten. Im vergangenen Jahr waren es noch 2065 Betriebe. Das bedeutet: Fast ein Fünftel der Betriebe hat die Milchproduktion eingestellt, nicht aber den Betrieb, wie die Zahlen ebenfalls zeigen.
«Vielen Bäuerinnen und Bauern ist die Arbeitsbelastung bei der Milchproduktion zu hoch, dazu kommen die tiefen Milchpreise, immer schärfere Vorschriften bei der Tierhaltung und hohe Investitionskosten», sagt Andreas Widmer, Geschäftsführer des St. Galler Bauernverbandes. Weil die Bauern die Betriebe aber nicht einfach aufgeben möchten, hätten sie sich den Bedürfnissen des Marktes angepasst. «Wir kennen im Kanton St. Gallen über hundert Nutzungsformen für Landwirtschaftsflächen», so Widmer.
Landwirte gehen neue Wege
Die Landwirte orientieren sich also neu, setzen auf Gemüse- oder Beerenanbau, auf Mutterkuhhaltung oder wie beispielsweise Stefan Oberholzer aus Flawil auf Christbäume. 2007 hat er auf seinem Hof eine erste Hektare mit Christbäumen angepflanzt, heute wachsen auf sieben Hektaren über 40'000 Christbäume.
Ein Erfolgsgeschäft, auch weil er mit Herzblut dabei sei, ist Oberholzer überzeugt. Daneben verkaufen er und seine Frau in ihrem Hofladen, was «gerade so anfalle», Obst zum Beispiel, Gemüse, aber auch selbst gebrauten Schnaps.
Wie das Beispiel von Stefan Oberholzer zeigt, ist die Landwirtschaft vielfältiger geworden. Betriebe, die nur Milch produzieren, gibt es zwar immer noch. Sie werden aber weniger und die St. Galler Bauern haben einen anderen Weg eingeschlagen, um ihre Betriebe nicht aufgeben zu müssen: Umdenken.