Neue, moderne Sportanlagen für die Stadt Chur: Seit Jahrzehnten wird diskutiert, geplant und wieder verworfen. Im Moment aber geht es vorwärts. Am 25. November stimmt die Bevölkerung über 43,9 Millionen Franken für neue Eis- und Fussballplätze ab. Für ein Ja kämpfen 50 Sportvereine, zusammengeschlossen in einer Interessengemeinschaft. Sie haben eigens einen Song samt Video produziert.
10'000 Franken für die Pro-Seite
Wer das Polit-Video auf Youtube anklickt, sieht am Anfang fussballspielende Kinder, darüber eingeblendet ein Werbebanner mit dem Text «Unterstützt durch die IBC». Auch auf den Flyern der Interessengemeinschaft ist das Logo des Churer Energie-Dienstleisters aufgedruckt, der zu 100 Prozent der öffentlichen Hand gehört.
Das geht aus meiner Sicht überhaupt nicht.
Auf Anfrage des «Regionaljournal Graubünden» von Radio SRF heisst es bei der IBC, man habe die Produktion des Videos mit 10'000 Franken unterstützt. Ein namhafter Beitrag, bestätigt man bei der Interessengemeinschaft der Churer Sportvereine.
Die IBC liefert in Chur also nicht nur Energie und Wasser, die IBC bezieht auch politisch Position und unterstützt die Befürworter von neuen Sportanlagen.
Wir meinen, dass dies gemäss Eigentümerstrategie mit unserem Auftrag verträglich ist.
Mario Cortesi, SVP-Politiker im Gemeinderat und Gegner des Sport-Kredits, kritisiert das Sponsoring, von dem er durch das «Regionaljournal» erfahren hat: «Die IBC ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt der Stadt Chur und es ist nicht ihre Aufgabe, sich in eine Abstimmungskampagne einzumischen.» Das gehe aus seiner Sicht überhaupt nicht.
Öffentlich-rechtlich heisst, dass die IBC nicht mehr Teil der Stadtverwaltung ist, aber immer noch zu 100 Prozent der Stadt und damit allen Churer und Churerinnen gehört.
Die IBC macht Werbung für etwas, das ich vielleicht anders sehe. Das ist fragwürdig.
Für Mario Cortesi ist es ein Problem, dass alle privaten Churer Haushalte nicht einen anderen Anbieter wählen können und gezwungen sind, den Strom bei der IBC zu beziehen: «Die IBC macht Werbung für etwas, das ich vielleicht anders sehe. Das ist fragwürdig».
Sponsoring für neue Aufträge auf der Oberen Au
Die IBC selber nimmt schriftlich Stellung. Geschäftsführer Martin Derungs schreibt zum Polit-Sponsoring: «Wir meinen, dass dies gemäss Eigentümerstrategie mit unserem Auftrag verträglich ist.»
Beim Sponsoring gehe es darum, neue Kunden zu gewinnen – nicht im Strombereich bei den privaten Haushalten, sondern bei den grossen Unternehmen, die bereits heute ihren Anbieter wählen können – aber auch neue Kunden, beispielsweise im Bereich Erdgas oder Fernwärme.
Es geht uns um zukünftige potentielle Kundeninfrastruktur als ein Teil unserer Geschäftsfelder in der Oberen Au.
Ganz konkret hofft die IBC auf Aufträge, wenn die Sportanlagen in der Oberen Au einst gebaut werden: «Es geht uns um zukünftige potentielle Kundeninfrastruktur als ein Teil unserer Geschäftsfelder in der Oberen Au.»
«Problematisch» für den Stadtpräsidenten
In Chur hat die Stadtregierung die Aufsicht über die IBC, so steht es im Gesetz. Für Stadtpräsident Urs Marti ist das Polit-Sponsoring heikel: «Der Stadtrat ist sich bewusst, dass Gelder für Abstimmungen eine sehr heikle Sache sind». Möglich seien höchstens Bagatellbeträge. 10'000 Franken sind jedoch für Marti ein namhafter Beitrag.
Der Stadtrat ist sich bewusst, dass Gelder sprechen für Abstimmungen eine sehr heikle Sache ist.
Der Churer Stadtpräsident sagt aber auch, die IBC habe das Recht, Sponsoring zu machen: «Ob es rechtens ist, ist eine Frage. Die andere, ob es gefühlt in Ordnung ist. Und da ist es sicher problematisch».
SRF1, Regionaljournal Graubünden, 17:30 Uhr; habs