Es ist das Gesprächsthema schlechthin unter Medizinern in der Region Basel: Das Kantonsspital Baselland KSBL in Liestal trennt sich im Streit von seinem Urologie-Chefarzt Thomas Gasser. Dieser war ein Aushängeschild des Spitals, zumal er auch Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Basel ist.
Das Beispiel von Thomas Gasser zeigt, wie ein Chefarzt die Spitalplanung einer ganzen Region beeinflusst. Gasser war im Kantonsspital Baselland nicht mehr glücklich. Daher suchte er eine Alternative. Er klopfte zunächst bei der Hirslanden-Klinik Birshof in Münchenstein an. Die Idee war, dort eine Urologie-Abteilung neu aufzubauen.
Kanton lehnte ab und wollte Überangebot verhindern
Die Birshof-Klinik reichte beim Kanton Baselland einen Antrag ein, künftig auch urologische Dienstleistungen anbieten zu dürfen. Die kantonale Gesundheitsdirektion machte diesen Plänen jedoch einen Strich durch die Rechnung. Sie lehnte den Antrag ab.
«Es gibt bereits heute ein grossen Angebot in der Urologie. Wir sahen daher keinen Bedarf, einem weiteren Spital einen Leistungsauftrag zu erteilen», sagt Matthias Nigg vom Amt für Gesundheit. Das heisst: Der Kanton Baselland wollte ein Überangebot im Bereich Urologie für die Region Basel verhindern.
Chefarzt Thomas Gasser suchte und fand eine Alternative. Er spannt künftig mit der Merian-Iselin-Klinik in Basel zusammen. Das hat die Zeitung «Schweiz am Wochenende» öffentlich gemacht. Zudem betreibt er zwei Urologie-Praxen, eine am Bahnhof Liestal und eine in Basel. Mit an Bord sind auch seine engsten Mitarbeiter vom Kantonsspital Baselland. Damit konkurrenziert er seinen bisherigen Arbeitgeber direkt. Dagegen kann der Kanton jedoch nichts unternehmen.
Der Grund: Die Merian-Iselin-Klinik bietet bereits heute urologische Eingriffe an und hat dafür einen Leistungsauftrag. Stephan Fricker, CEO der Merian-Iselin-Klinik, betont denn auch: «Mit dem Wechsel von Thomas Gasser gibt es bloss eine Verschiebung der urologischen Angebots in der Region, es wird aber insgesamt nicht grösser.»
Ich rechne damit, dass es damit zu viele operierende Urologen in der Region gibt.
Es gibt aber auch Gesundheitsexperten, die dies anders sehen. Zum Beispiel Peter Eichenberger, Direktor des Basler Claraspitals, das selber auch eine Urologie-Abteilung hat. Er geht davon aus, dass mit dem Wechsel von Thomas Gasser die Fallzahlen in der Merian-Iselin-Klinik steigen, weil der Chefarzt einen Teil seiner Patienten mitnimmt. Gleichzeitig rechnet Eichenberger damit, dass das Kantonsspital Baselland in Liestal wieder neue Chefärzte anstellt: «Ich rechne damit, dass es damit zu viele operierende Urologen in der Region gibt.»
Man müsste einzelnen Kliniken den Leistungsauftrag entziehen.
Ins gleiche Horn bläst der Basler Gesundheitspolitiker Kaspar Sutter (SP). Er sagt: «Wir haben sechs Spitäler, die operative Urologie anbieten. Das ist zu viel.» Der Wechsel von Thomas Gasser zur Merian-Iselin-Klinik verschärfe die Situation noch. Sutter fordert von den Gesundheitsdirektionen in den beiden Basel Massnahmen. «Man müsste einzelnen Kliniken den Leistungsauftrag entziehen.»
Gasser sieht kein Problem
Die Gesundheitsdirektionen erklären auf Anfrage, dass sie derzeit eine Bedarfsanalyse erstellen. Sobald der Bedarf an medizinischen Dienstleistungen ermittelt sei, könne man entsprechende Massnahmen treffen.
Thomas Gasser selber möchte sich derzeit nicht öffentlich zum Thema äussern. Schriftlich teilt er mit, dass es derzeit aus seiner Sicht kein Überangebot in der Urologie gebe. Eine gewisse «Sättigung» könnte höchstens entstehen, wenn das Kantonsspital Baselland alle Abgänge ersetze.
(Regionaljournal Basel, 17:30 Uhr)