Fast zehn Jahre lang arbeitete Herbert Brogli als Leitender Staatsanwalt in Appenzell Innerrhoden. Zu Beginn seiner Tätigkeit ereignete sich in einer Appenzeller Autogarage ein tödlicher Unfall. Ein Lehrling wurde im Herbst 2010 von einem Warenlift eingeklemmt und verstarb noch vor Ort.
Brogli leitete darauf eine Strafuntersuchung wegen fahrlässiger Tötung. Und diese, so hiess es am Dienstagmorgen seitens der Anklage vor Gericht, hätte er nach zwei Jahren abschliessen und die mutmasslichen Verantwortlichen wegen fahrlässiger Tötung anklagen können.
Prozess gegen ehemaligen Staatsanwalt
Brogli tat dies aber nicht. Er wartete mit dem Erlass von Strafbefehlen respektive einer Anklage bis 2017, worauf der Fall verjährte, bevor es zu einem Urteil kam. Dies wurde Brogli zum Verhängnis. Er verlor seinen Job als Leitender Staatsanwalt und musste sich nun am Dienstag wegen mehrfacher Begünstigung vor Gericht verantworten.
Vor Gericht äusserte sich Brogli erstmals zum Geschehenen. Bis anhin hatte er weder zu seinem unrühmlichen Abgang noch zur externen Untersuchung, welche die Innerrhoder Regierung nach dem Bekanntwerden des Falles, durchführen liess, geäussert.
Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich den Fall rechtzeitig abschliessen kann.
Der Fall sei komplex gewesen, sagte Brogli am Dienstagmorgen vor Gericht. Zudem sei die Staatsanwaltschaft permanent überlastet gewesen. Dies habe die Regierung gewusst, eine Stellenaufstockung aber immer wieder abgelehnt. Warum er den Fall jeweils aber über mehrere Monate oder gar Jahre liegen liess, darauf gab Brogli keine konkrete Antwort. Hingegen betonte er mehrmals, dass er immer davon ausgegangen sei, den Fall rechtzeitig abschliessen zu können.
«Prioritäten falsch gesetzt»
Für den Staatsanwalt war klar: Brogli habe die Prioritäten falsch gesetzt, er hätte mehr delegieren müssen, die hohe Arbeitslast hätte er teils selbst verschuldet – mit gravierenden Nebenfolgen. Die Anklage forderte für den ehemaligen Innerrhoden Staatsanwalt eine Verurteilung wegen mehrfacher Begünstigung und eine bedingte Freiheitsstrafe von neun Monaten.
Der Verteidiger von Brogli plädierte auf Freispruch und argumentierte unter anderem mit Fehlern in der Anklageschrift und vergleichbaren Fällen. Eine falsche Prioritätensetzung sei noch keine Begünstigung nach Strafrecht, so der Verteidiger. Sein Mandant habe den Fall zwar verschlampt, aber auch das sei keine Begünstigung nach Strafrecht.
Im Schlusswort hielt der angeklagte ehemalige Staatsanwalt fest, dass er nie die Absicht hatte, den Fall verjähren zu lassen. «Ich wollte den Fall vor Gericht bringen und es tut mir leid, dass es so weit gekommen ist», so Brogli.
Freispruch für Brogli
Das Bezirksgericht Appenzell kam zum Schluss, dass es keine Anzeichen dafür gebe, dass Brogli den Fall absichtlich hat verjähren lassen. Der Tatbestand der Begünstigung sei damit nicht erfüllt, begründete der Gerichtspräsident den Freispruch. «Das reine Verschlampen ist nicht strafbar.» Gleichzeitig betonte der Gerichtspräsident, dass dies nicht bedeute, dass keine Fehler passiert seien.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.