«Früher debattierten Architekten und Designer, wie modernes Wohnen aussehen muss,» sagt Jochen Eisenbrand, Kurator am Vitra Design-Museum in Weil am Rhein, «doch diese Debattierkultur gibt es heute kaum mehr.» Deshalb will das Museum mit seiner Ausstellung jene Wohnobjekte, Häuser oder Einrichtungen näher beleuchten, die derart prägend waren, dass wir ihre Spuren noch heute in unsern Wohnungen und Häusern finden.
Alles verschmilzt
Die Ausstellung beginnt im Hier und Jetzt. Das Internet hat dazu geführt, dass es die strenge Trennung zwischen Arbeit, Wohnen und Schlafen immer weniger gibt. Doch nicht nur das Internet ist dafür verantwortlich, sondern auch Fortschritte in der Bautechnik. Der moderne Skelettbau etwa sorgt dafür, dass Innen- und Aussenwände nicht mehr zwingend tragende Funktionen übernehmen müssen. Daher können sie die Architekten auch weglassen. Einer der Ersten, der damit begonnen hat, war der deutsch-amerikanische Architekt Ludwig Mies von der Rohe, der schon in den dreissiger Jahren sein Haus praktisch ohne Innenwände bauen liess. Diese Vorlage hat sich weiterentwickelt und mündete schliesslich in die Verschmelzung von Küche- und Wohnzimmer und zwar auch in einfacheren Mietskasernen.
Prägend war auch der Künstler, Fotograf und Filmer Andy Warhol. Er inszenierte sich in den sechziger Jahren in seinem Atelier in New York. Untergebracht war es in einer stillgelegten Tuchfabrik. Doch Warhol nutzte die riesige Fläche nicht nur für sein künstlerisches Schaffen, sondern wohnte auch darin. Die Idee des Loft war geboren.
Effizientere Küchen aus Modularmöbeln
Die Wohnkultur von heute hat auch die Stadt Frankfurt beeinflusst: In den 1920er Jahren liess die Stadt riesige Siedlungen bauen. Die Küche bestand aber nicht mehr nur aus einem Spültrog, sondern aus einer kompletten Einbauküche, zusammengesetzt aus einzelnen Modularmöbeln, die je nach Grundriss verbaut werden konnten. Der Gedanke dahinter: Die Küche derart effizient zu organisieren, damit - damals noch «die Hausfrau» - möglichst schnell ihre Küchenarbeit erledigen konnte und so mehr Zeit für andere Arbeit übrigblieb.
Das Vitra Design-Museum gibt mit grossen, emblematischen und historischen Fotografien Einblick in all diese Entwicklungen. Untermalt werden sie teilweise mit historischen Filmen oder kleinen, nachgebauten Modellen, die erklären, wie die Entwicklung von einer Modellwohnung zum Alltagsgut von statten ging.
Die Ausstellung im Vitra Design Museum öffnet am 7. Februar, 18 Uhr, die Türen und dauert bis am 23. August 2020.