Hüter der umfassenden Jodel-Datenbank ist der Appenzeller Volksmusiker Erwin Sager. Im Auftrag des «Roothuus», so nennt sich das Zentrum für Volksmusik im Appenzellischen, hat er während der letzten Jahre stolze 1'400 Datensätze angelegt. Die ältesten Schallplatten sind über 100 Jahre alt. Das Aussergewöhnliche: Die Lieder wurden und werden von den Sängerinnen und Sängern nicht aufgeschrieben. Umso aufwändiger gestaltete sich die Arbeit für den Jodel-Chronisten Sager, der die Melodien mit Hilfe solcher Aufnahmen notiert hat.
Singen mit Herz und Mund
Doch die akribische Arbeit sei auch umstritten. Denn viele Sängerinnen und Sänger sagten: die Melodien gehörten nur in den Kopf, nicht aufs Blatt. Doch tot sagen will den Naturjodel niemand. Im Gegenteil. Den Melodien, die im Vergleich zum Jodellied keine Strophen haben und ohne Text nur auf Silben gesungen werden, diesen Melodien nimmt sich nun die Wissenschaft an. Unterstützt vom Schweizerischen Nationalfonds analysiert die Hochschule Luzern die Gesänge, die ursprünglich im Wirtshaus, an der Viehschau und beim Arbeiten gesungen wurden.
Geleitet wird das Forschungsprojekt vom Luzerner Musik-Ethnologen Raymond Ammann. Er will herausfinden, wie sich Jodler oft sehr ähnlich tönende Melodien ohne Notenblatt merken können. Gerade für Hobbysänger sei das eine Herausforderung. Interessat sei die Untersuchung, weil die meisten Jodler im Appenzellerland keinen musiktheoretischen Hintergrund hätten. Weil sie also mit Herz und Mund sängen. Parallelen zieht der Musikethnologe zu einer früheren Forschung im südwestlichen Pazifik.