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Von der Strasse wegholen Obdachlose sollen bedingungslos eine Wohnung bekommen

In Basel-Stadt soll das Modell «Housing First» für Obdachlose geprüft werden.

Basel-Stadt steht vor einem Paradigmenwechsel beim Umgang mit Obdachlosen. Diese sollen in Zukunft zuerst eine Wohnung bekommen, ohne dass dies an weitere Bedingungen geknüpft ist. «Housing First» heisst dieses Modell, erklärt Michel Steiner vom Verein Schwarzer Peter: «Wer keine Wohnung hat, muss sich heute oft erst beweisen und langsam nach oben arbeiten - Notschlafstelle, Wohnbetreuung, Wohnbegleitung - das ist der normale Prozess bevor man eine eigene Wohnung bekommt.»

Stufenmodell umkehren

Mit «Housing First» soll dieses Stufenmodell umgekehrt werden, sagt Steiner: «Erstmal gibt es den Schlüssel in die Hand, dann die Wohnung, Türe zu und dann ist erst mal Ruhe. Und dann gibt es ein Netz an Hilfsangeboten. Aber der Obdachlose entscheidet, wann er diese in Anspruch nimmt.»

Wien kennt dieses Modell bereits seit sieben Jahren - und es funktioniert offenbar gut. So sagt Claudia Halbartschlager vom Neunerhaus, einer Institution, die sich in Wien um Obdachlose kümmert: «Wir spüren vor allem eine grosse Freude, aber auch eine gewisse Verunsicherung. Denn die Obdachlosen müssen sich selbständig eine Wohnung aussuchen, was viele nicht mehr gewohnt sind.» Doch gerade dieser selbständige Entscheid führe dazu, dass die Mietverhältnisse langfristig stabil seien, sagt Halbartschlager.

Auch in Basel will man «Housing First»

Nun möchte man dieses Modell auch in Basel prüfen, bestätigt Christoph Brutschin, Vorsteher des Basler Wirtschafts- und Sozialdepartements: «Nach all den Erfahrungen, die in anderen Ländern gemacht wurde, finde ich es einen Versuch wert.»

Allerdings ist das Angebot an entsprechenden Wohnungen in Basel noch zu klein. Im Unterschied zu Wien, wo es über 200'000 kommunale Wohnungen gibt, beschränkt sich das Angebot in Basel auf 2'000 Wohnungen, von denen aber nur ein Fünftel von der Sozialhilfe genutzt wird. Dieses Angebot wolle man jetzt zusammen mit Stiftungen und Wohnbaugenossenschaften Schritt für Schritt ausbauen, sagt Brutschin. Bis in einem Jahr wolle man so herausfinden, ob «Housing First» auch in Basel funktionieren könnte.

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