Der Basler Strafrechtsprofessor Mark Pieth hat sich international einen Namen als Anti-Korruptionsexperte geschaffen, unter anderem als Vorsitzender der unabhängigen Kommission für Governance bei der FIFA. Nun kritisiert er die Basler Justiz - und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund.
Der Vorwurf des «Groben Unfugs» ist hier nicht verhältnismässig.
«Die Basler Polizei schreitet häufig schnell und unverhältnismässig ein. Und der Staatsanwaltschaft fehlt das Augenmass. Sie bringt auch Bagatellfälle vor Gericht», sagt Pieth. Aktueller Anlass für dieser Äusserung ist eine Verhandlung am Basler Strafgericht. Drei Umweltaktivisten haben Einspruch gegen einen Strafbefehl erhoben, den sie aufgrund einer geplanten Aktion an der Baselworld 2018 erhalten hatten. Die Staatsanwaltschaft fand, dass sich die drei Personen des «Groben Unfugs» schuldig gemacht hätten und brummte ihnen deswegen eine Geldbusse auf.
Dieser Tatbestand im Übertretungsstrafgesetz sei schlicht illegal, sagt der Strafrechtsprofessor. Denn er sei weder genau noch präzise. Umso grösser sei bei einem solchen Gesetz deshalb die Verantwortungspflicht der Staatsanwaltschaft. Eine Verantwortung, die sie laut Pieth zu wenig übernehme. «Der Vorwurf des «Groben Unfugs» ist hier nicht verhältnismässig.» Denn es gebe ein Grundrecht auf freie Meinungsäusserung, betont der Rechtsprofessor und ergänzt: «Die geplante Aktion mit den Ballonen ist nicht völlig unvernünftig.»
Behörden verweisen auf Regeln
Zu diesen schweren Vorwürfen will sich die Basler Polizei nicht äussern. Und auch die Staatsanwaltschaft geht inhaltlich nicht auf die Kritik ein und argumentiert, dass es nicht zulässig sei, auf eine Sanktionierung zu verzichten, nur weil die Schuld und die Tatfolgen gering seien.
Kein inhaltliches Urteil
Heute sprach das Gericht die Angeklagten frei. Die Begründung: Weil die Polizei die Aktion verhinderte, ist es gar nicht zu einer Übertretung des Gesetzes gekommen. Für den Versuch alleine, könne man nicht bestraft werden, argumentierte die Gerichtspräsidentin in der Urteilsbegründung.
Das bedeutet auch, dass das Gericht inhaltlich nicht beurteilte, ob die freie Meinungsäusserung beschnitten worden ist. Fakt ist aber, dass die Richterin sämtliche Strafbefehle aufhebt. Ein Entscheid, der kein gutes Licht auf die Basler Staatsanwaltschaft wirft.