Seit Mittwoch wurden Twitter-User von einem vermeintlichen SVP-Nationalrat aus dem Aargau aktiv angegangen. Unter dem Profilnamen @MaxReimann42 wurde ein Profil beim Kurznachrichtendienst eröffnet, das dem 72-jährigen Maximilian Reimann gehören soll. Inzwischen ist der Account blockiert.
Allerdings: Es war von Anfang an ziemlich offensichtlich, dass es sich dabei um einen Witz handelte. Der vermeintliche Reimann bezeichnete sich selber nämlich als «Rollatorenlobbyist und Sesselkleber seit 1987». Eine Anspielung auf die lange Amtszeit von Nationalrat Reimann, die auch innerhalb seiner Partei schon zu Diskussionen Anlass gegeben hat.
Maximilian Reimann und sein Kommunikationsberater Roman Jäggi bestätigten am Donnerstag auf Anfrage von Radio SRF: Dieser Twitter-Account sei ein sogenannter «Fake». Ein ziemlich aufwändiger Fake. Seit Mittwoch wurden bereits über 40 Meldungen abgesetzt, darunter viele mit Bildern ergänzt.
Grosser Aufwand für Fake-Account
Die Urheber des Accounts gaben sich Mühe, für Öffentlichkeit zu sorgen. Mehrfach haben sie unter dem Namen Reimann auch andere Twitter-User direkt angeschrieben. So fragten sie zum Beispiel beim Kundendienst der Migros an, ob diese auch WLAN-Kabel im Sortiment hätten. Oder sie schrieben an Fernsehsatiriker Viktor Giaccobo: «Hallo Viktor, wie sind deine Erfahrungen mit dem Commodore 64? Ich überlege mir einen anzuschaffen.»
Nationalrat Maximilian Reimann reagierte vorerst wütend auf den Online-Witz zu seiner Person. Er habe vom Parlamentsdienst von seinem vermeintlichen Twitter-Konto erfahren. «Ich werde dem nachgehen, das ist völlig klar. Und ich behalte mir natürlich rechtliche Schritte vor», erklärte Reimann gegenüber Radio SRF. Er prüfe eine Anzeige wegen Namensmissbrauch und Rufschädigung.
Hier verstösst jemand gegen die Regeln des Rechtsstaats.
Dieser Fake-Account sei kein Spass, erklärte Reimann. «Ich wohne in einem Rechtsstaat. Und in diesem hält man sich an Gesetze, Sitten und Gebräuche. Und hier verstösst man gegen solche Regelungen und deshalb werde ich nun den Rechtsstaat auch zu meinen Gunsten einsetzen.»
Junge Grüne sind die «Täter»
Inzwischen hat Reimann deshalb Kontakt aufgenommen mit der Meldestelle für Internet-Kriminalität. Im Hinblick auf die Wahlen im Herbst wolle er sich nicht in diesem schlechten Licht darstellen lassen.
Reimann vermutete am Vormittag hinter der Kampagne noch die Jungsozialisten. Er habe in einer Fernseh-Talksendung kürzlich mit dem Schweizer Juso-Präsidenten Fabian Molina die «Klingen gekreuzt» zum Thema Alter und Politik.
Allerdings: Fabian Molina wies auf Anfrage von SRF jegliche Beteiligung an diesem Fake-Profil auf Twitter zurück.
Diskussion über Alter in der Politik anstossen
Recherchen von SRF haben tatsächlich andere «Schuldige» zu Tage gefördert: Die Jungen Grünen Aargau stehen hinter dem Fake-Account, wie Co-Parteipräsident Itamar Pillier gegenüber der Sendung «Regionaljournal Aargau Solothurn» am Donnerstag bestätigte.
Die Jungpartei wolle mit der Aktion eine Diskussion anstossen über die Altersfrage in der Politik, so Piller. «Wir finden, dass Maximilian Reimann seinen Sitz einer jüngeren Person vererben sollte. Er war schon zu Sowjetzeiten im Nationalrat. Als ich geboren wurde, sass er bereits seit sechs Jahren dort.»
Reimann sass schon im Nationalrat, als es die Sowjetunion noch gab.
Die Aktion sei relativ spontan entstanden, erklärte Piller weiter. Zur Stilfrage meint er: «Wir haben ja nichts Beleidigendes geschrieben. Aus unserer Sicht geht das in Ordnung.» Zu möglichen rechtlichen Schritten von Maximilian Reimann gegen seine Partei konnte und wollte Itamar Piller nichts sagen.
Reimann ist tatsächlich auf Twitter
Inzwischen hat Reimann auf seinem eigenen und echten Twitter-Kanal seine Drohung relativiert. Er zeigt sich nach der Blockierung des Fake-Accounts versöhnlich:
Maximilian Reimann nutzt das soziale Netzwerk Twitter also tatsächlich auch selber. Das «echte» Profil von Maximilian Reimann ist allerdings ebenfalls erst kürzlich installiert worden, unter dem Namen @maximilian_rei. Bis am Donnerstagmorgen fehlten noch Bilder und Inhalte.
Inzwischen wurden diese Bilder ergänzt und einige Meldungen abgesetzt.
Die «Twitter-Schlacht» um Maximilian Reimann dauerte also nur knapp zwei Tage. Wahlkampfleiter Roman Jäggi gibt zu, dass er zuerst etwas verunsichert war über den neuen Account. «Als ich aber gesehen habe, was da geschrieben wird, da war ich beruhigt. Da glaubt ja keiner, dass das wirklich von Maximilian Reimann ist.»
Die Inhalte sind so dumm, dass es uns wohl eher nützt.
Der Kommunikationsprofi sieht in der Aktion durchaus auch Chancen für seinen Mandanten: «Die Inhalte auf diesem Kanal waren so dumm, dass uns die Aktion wohl eher nützt.» Gerade auch, weil Maximilian Reimann einen so grossen Bekanntheitsgrad habe, dass man ihn und seine Positionen gut kenne.
Und Roman Jäggi schliesst ab: Die Frage, wie alt Politiker sein dürfen, diese Frage werde nicht auf Twitter entschieden, sondern am 18. Oktober.