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Diverse Wahlplakate stehen neben und übereinander aufgereiht entlang eines Weges.
Legende: Woher kommt das Geld für den Wahlkampf? Eine Aktion eines Studenten macht auf die Intransparenz aufmerksam. Keystone

Wahlkampf «Die politische Mobilisierung gehört Social Media»

Der aktuelle Wahlkampf werde nicht mit Inhalten, sondern mit Geld bestritten, findet ein Student und macht mit einer Internet-Kampagne auf die intransparente Finanzierung aufmerksam. Innerhalb kurzer Zeit erreicht er Tausende von Bürgern.

Crowdfunding

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Beim Crowdfunding spenden viele Menschen kleine oder auch grössere Beträge online, um gemeinsam ein Projekt zu realisieren.

Donat Kaufmann, ein junger Student aus Baden, hat es geschafft: Er hat eine Crowdfunding-Aktion lanciert, um ein ganzseitiges Inserat auf der ersten Seite von «20 Minuten» zu kaufen. Preis: 140‘000 Franken.

Seine Kampagne mit dem Namen «Mir langets!» ist ein Protest gegen ein ebensolches Wahlkampf-Inserat der SVP. Der aktuelle Wahlkampf werde nicht mit Inhalten bestritten, sondern mit Budgets, findet Kaufmann. Mit seiner Kampagne will er ein Zeichen gegen die undurchsichtige Parteienfinanzierung setzen.

Innerhalb von zwei Wochen haben 12'000 Personen mindestens fünf Franken für Kaufmanns Kampagne gespendet. Das ist eine Mobilisierung, von der politische Parteien in der Schweiz nur träumen können.

Lukas Golder

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Der Politologe und Medienwissenschaftler ist Leiter des Meinungsforschungsinstituts gfs.bern . Seine Schwerpunkte sind unter anderem Medienanalysen, Abstimmungen und Wahlen sowie Image- und Reputationsanalysen.

Lukas Golder, Politologe und Medienwissenschaftler beim gfs.bern, erklärt sich den Erfolg der Aktion damit, dass diese «Crowd» mit dem ganzseitigen Inserat in «20 Minuten» sich einen Raum in einem Medium kaufe, das sehr stark von jungen Menschen beachtet werde.

Zukunft der Wählermobilisierung?

Ob solche Aktionen die Zukunft der zivilgesellschaftlichen Mobilisierung seien, hänge aber nicht nur davon ab, ob man bereit sei, sich kurzfristig für ein Projekt einzusetzen, führt der Politologe weiter aus. «Das Problem der neuen Medien ist, dass ihre Wirkung schnell verpuffen kann.»

Um eine wirkliche Änderung herbeizuführen, müssten wieder mehr Menschen bereit sein, sich in den Gemeinden zu engagieren, ein Amt auszuüben, das viel Engagement und Zeit erfordert, ist Golder überzeugt. Ansonsten sei es ein kurzweiliger Effekt, der grosse Medienwellen schlagen könne, aber die Zivilgesellschaft nicht wesentlich von unten stärke.

Veränderung der politischen Kommunikation

Zwar betont Golder die Gefahr des raschen Verpuffens. Dass es sich bei solchen Aktion nur um kurzfristige Internethypes handle, die gleich wieder verschwänden, sobald die Titelseite im Altpapier gelandet sei, glaubt der Politologe aber nicht. Der Medienwissenschaftler ist vielmehr davon überzeugt, dass «Internet und soziale Medien tiefschürfende Veränderungen der politischen Kommunikation auslösen werden.» Was und wie genau das passieren wird, kann auch Golder nicht wissen. Doch er findet, dass alle selber dazu beitragen können, die politische Kultur hierzulande weiter zu entwickeln.

Die Aktion ist ein Angriff auf eine inhaltsleere und finanzierte Form des Wahlkampfs. Das tut der Schweizer Demokratie gut.
Autor: Lukas Golder Politologe und Medienwissenschaftler am gfs.bern

Der Angriff der Kampagne auf die SVP sei zwar selber ein polarisierendes Element, aber «die Aktion ist vor allem ein Angriff auf eine inhaltsleere und finanzierte Form des Wahlkampfs. Das tut der Schweizer Demokratie gut.» Und stosse eine wichtige Debatte an. Denn unser Land werde international dafür kritisiert, dass die Parteifinanzen nicht offen gelegt würden.

Parteien versuchen den sozialen Wahlkampf

Die sozialen Medien könnten in Zukunft ein wichtiges Mobilisierungstool sein, sofern diese Kanäle professionell und systematisch bespielt würden, sagt Golder. Eine einzelne Person anzusprechen, sie für etwas zu motivieren und um Emotionen zu wecken, das könne sehr gut über die sozialen Medien funktionieren. «Die Parteien versuchen, den sozialen Wahlkampf ernst zu nehmen, aber bisher ist von keiner Seite eine tiefschürfende Veränderung erkennbar», sagt Golder über die verschiedenen Anstrengungen von links bis rechts.

Er glaubt, dass die nächsten zehn Jahre entscheiden werden, wer den Raum der sozialen Medien dominiert. Im Moment sei die SVP auf Facebook und die SP tendenziell auf Twitter dominant. Auf Youtube geschehe noch wenig.

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