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Wahlkampf Wahl-«Arena»: Abtretende Politiker plaudern aus dem Nähkästchen

Fast 120 Jahre Parlaments-Erfahrung bringen die Gäste zusammen ins Studio mit. Zu den Wahlen in einer Woche treten die sechs National- und Ständeräte allerdings nicht mehr an. Und so scheuen sie sich nicht, freimütig von ihrer Zeit im Bundeshaus zu erzählen.

Dem Wahlkampf mangelt es oft an Aufrichtigkeit. Von abtretenden Politiker erwartet man dagegen etwas mehr Ehrlichkeit. Und natürlich hofft man die eine oder andere Anekdote aus dem Ratssaal zu vernehmen. Die «Arena» bietet den scheidenden Ratsmitgliedern dafür eine Bühne.

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Plaudern aus dem Nähkästchen

Zunächst fragt Moderator Jonas Projer die National- und Ständeräte, welcher Moment ihnen aus ihrer Zeit als Parlamentarier in Erinnerung bleibt. Ständerat Peter Bieri (CVP/ZG) berichtet, wie betroffen ihn vor 14 Jahren das Attentat im Zuger Kantonsrat gemacht habe.

Ständerätin Verena Diener (GLP/ZH) sinniert, wie verletztlich man sei, wenn man seine politische Laufbahn antrete. Und Ständerätin Christine Egerszegi (FDP/AG) plaudert buchstäblich aus dem Nähkästchen: Ein Faden am Jupe, eine Kollegin, die mit Nadel und Schere helfen will und – tags darauf – das Bild im «Bund» mit dem eingängigen Titel «Tatort Bundeshaus».

Milizparlament kritisch betrachtet

Nach dem Einstieg lenkt Projer das Gespräch auf das Milizparlament, das für das Schweizer Politsystem bezeichnend ist. «Eine Lebenslüge», betont Nationalrat Andreas Gross (SP/ZH), wobei er seine Stellungnahme wie folgt erklärt: Das Milizparlament entspreche nicht der Realität. Denn weil man viel Zeit investieren müsse, stelle einen kein vernünftiger Arbeitgeber ein. So sei man gezwungen, da und dort ein Mandat zu übernehmen, um ausreichend entlöhnt zu werden. Das Resultat: Man verliere seine Unabhängigkeit.

Steht mit dieser Äusserung ein höheres Salär der Parlamentarier zur Diskussion, kann Nationalrat Toni Bortoluzzi (SVP/ZH) dieser Idee nur wenig abgewinnen: Er habe sich stets gegen einen höheren Lohn für Parlamentarier ausgeprochen. Denn «das Parlament beschäftigt sich zum Teil selbst» und sei entsprechend ineffizient.

Doch Nationalrat Geri Müller (Grüne/AG) kontert, indem er Politik als Prozess ausweist:

Das Parlament kann nicht effizient sein. Es wäre nur effizient, wenn sich alle einig wären. Dann wäre das Parlament aber eine Diktatur.
Autor: Geri Müller Nationalrat Grüne/AG

Mensch und Politiker in Personalunion

Nach Argumenten für und gegen das Milizsystem kommt Projer auf das nächste Thema zu sprechen: die Spannung zwischen Amt und Person des Parlamentariers. Müller räumt ein, dass er die mediale Fokussierung auf seine Person als Problem empfunden habe.

Und Diener berichtet, warum sie ihre Krebserkrankung öffentlich gemacht habe: Sie hätte nicht gewusst, wie es ihr im Verlauf gehen würde. Und «da ich von der Bevölkerung gewählt worden bin, war für mich klar, dass ich es der Bevölkerung sagen will.»

Das liebe Geld – ein Schlagabtausch

Hierauf reisst Projer den Aufstieg der SVP seit den 90er-Jahren als Sujet an. Bortoluzzi betont, dass nur die SVP die Werte der Schweiz fokussiere. Bieri gibt hingegen den Aufbau der Partei und das Geld als Grund für den Erfolg der SVP an.

Ihr von der SVP habt eine ganz straffe Führungsstruktur. Und ihr habt unglaublich viel Geld.
Autor: Peter Bieri Ständerat CVP/ZG

Bortoluzzi erwidert: «Das Wachstum der Partei ist nicht mit Geld geschehen. Und es wäre ein Affront, wenn man dem Volk unterstellte, dass es käuflich sei.» Doch Bieri gibt sich noch immer nicht geschlagen: «Wenn das Geld nicht auch Erfolg auf politischer Ebene bringen würde, würdet ihr es auch nicht einsetzen.»

In der «Arena» diskutieren

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Verena Diener , Ständerätin GLP/ZH

Christine Egerszegi , Ständerätin FDP/AG

Toni Bortoluzzi , Nationalrat SVP/ZH

Peter Bieri , Ständerat CVP/ZG

Andreas Gross , Nationalrat SP/ZH

Geri Müller , Nationalrat Grüne/AG

Eine falsche Vorstellung von Beziehungen

Zum Abschluss der Sendung wirft Projer die Frage nach den Bilateralen auf, die angesichts der Masseneinwanderungs-Initiative gefährdet seien. Gross kritisiert die Vorstellung, die für dieses Problem bemüht werde. «Die Gegenüberstellung der Schweiz und der EU ist falsch», betont er. Die Schweiz sei nämlich ein Teil von Europa.

Egerszegi betont, inwiefern sich die SVP in Widersprüche verstrickt habe. Die Partei propagiere zwar eine Beschränkung des Personenverkehrs. Doch nähmen konservative Unternehmer und Bauern, die auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen seien, letztlich doch eine Ausnahme für sich in Anspruch. Und sie schlussfolgert:

Wenn es dann Fleisch am Knochen hat, sind die Mitglieder der SVP plötzlich Vegetarier.
Autor: Christine Egerszegi Ständerätin FDP/AG

Der Applaus, den Egerszegi für ihre pointierte Stellungnahme erntet, ermöglicht Moderator Projer den Übergang zu seiner letzten Frage. Auf sie folgen spontane und überlegte Stellungnahmen – und auch eine ganz falsche Antwort.

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