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Wahlsystem Graubünden Ein Streitgespräch zwischen «Majörzler» und «Propörzler»

Wie weiter nach dem Bundesgerichtsentscheid zum Wahlsystem? Roman Hug von der SVP und Reto Crameri von der CVP debattieren über ein mögliches Wahlsystem für den Grossen Rat.

Beide sind Grossräte im Bündner Parlament, beide werden sich im kommenden Jahr mit einem der wichtigsten politischen Geschäfte Graubündens auseinandersetzen: Reto Crameri von der CVP und Roman Hug von der SVP. Auf dem Prüfstand steht das Wahlsystem des Bündner Grossen Rats, nachdem das Bundesgericht Teile davon als verfassungswidrig erklärt hat.

Der Bundesgerichtsentscheid - ein Paukenschlag für Graubünden

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Bereits acht Mal hat Graubünden darüber abgestimmt, ob das Wahlsystem angepasst werden soll. Bisher entschied sich der Kanton immer für das Majorzsystem, bei dem Persönlichkeiten und nicht Parteien im Vordergrund stehen.

Für das Bundesgericht sind Majorzwahlen ein zulässiges System, doch gewisse Bedingungen müssen erfüllt sein, wie das Bundesgericht in einem Urteil Ende August festhielt . Wahlkreise dürfen weder zu klein noch zu gross sein. Diese Bedingung verletzt das Bündner Majorzsystem bei der Hälfte aller Sitze - will heissen, dass 59 Grossräte verfassungswidrig gewählt wurden.

Davon betroffen sind der kleinste und die sechs grössten Wahlkreise. Ab einer gewissen Wahlkreisgrösse, so das Bundesgericht, sei es nicht mehr möglich alle Kandidierenden persönlich zu kennen; was jedoch eine Voraussetzung für das Majorzwahlsystem sei.

Wie weiter? Das «Regionaljournal Graubünden» macht erstmals eine Auslegeordnung möglicher Lösungen - denn die Zeit eilt. Bis zu den Grossratswahlen 2022 muss Graubünden laut Bundesgericht ein neues Wahlsystem haben. Es debattieren:

  • Roman Hug, SVP: Seine Partei hat sich in der Vergangenheit mit einer Proporz-Initiative für ein neues Wahlsystem eingesetzt. Hug sagt, im Grossen Rat würde entlang der Parteilinien politisiert, deshalb sei es auch richtig, künftig Parteienvertreter anstatt Köpfe zu wählen.
  • Reto Crameri, CVP: Der Bundesgerichtsentscheid sei «willkürlich», sagt der Jurist, das Majorzsystem das richtige Wahlsystem für einen Bergkanton wie Graubünden. Er schlägt deshalb eine Minimalvariante (Lösungsvorschlag 2, siehe Box) vor, um das Urteil umzusetzen.

Ein neues Wahlsystem für Graubünden - vier mögliche Szenarien

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Lösungsvorschlag 1 - «Majorz pur»: Graubünden soll am Majorzsystem festhalten und zwar überall. Auch in Zukunft soll also die Persönlichkeitswahl im Vordergrund stehen. Dies hätte zur Folge, dass es beispielsweise in der Stadt Chur mehrere Wahlkreise gibt. Der Vorschlag stammt von der BDP.

Lösungsvorschlag 2 - «die Minimalvariante»: Auch CVP-Politiker Reto Crameri möchte möglichst viel Majorzsystem wie heute. In den 32 unbestritten Wahlkreisen soll alles bleiben wie es ist, in den zwei grössten Wahlkreisen Chur und in fünf Dörfern soll das Proporzsystem eingeführt werden. Die restlichen zu grossen Wahlkreise würden aufgesplittet.

Lösungsvorschlag 3 - «11 Regionen statt 39 Kreise»: SVP-Politiker Roman Hug spricht sich für die Regionen als künftige Wahlkreise aus. Statt 39 Wahlkreisen gäbe es dann noch 11. Die Details des Wahlsystems wären noch zu klären.

Lösungsvorschlag 4 - «Proporz pur»: Für ein reines Proporzmodell setzt sich die SP ein. Gewählt würden in erster Linie Parteien, die Sitze im Grossen Rat dann gemäss dem Wähleranteil auf die Wahlkreise verteilt.

SRF1, Regionaljournal Graubünden, 17:30 Uhr; habs

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