Mitten auf der Dorfstrasse stand heute Morgen einer der gefragtesten Männer von Simplon Dorf, Silvan Zenklusen. Der Mann in den orangen Skihosen ist der lokale Naturgefahrenexperte. Er weiss deshalb genau, wie viel es geschneit hat: Rund zwei Meter innerhalb der letzten drei Tage.
Auf 2400 Metern Höhe hat es nun etwa vier Meter Schnee. Über die Hälfte davon fiel in den letzten 72 Stunden.
Das ist sehr viel – aber kein Grund zur Nervosität. Es ist nicht aussergewöhnlich, Simplon Dorf hat solche Wetterlagen schon oft erlebt. Wenn auch nicht gerade in den letzten paar Jahren.
Schnee gehört zu einem Bergdorf.
Endlich sei wieder richtig Winter, finden viele Einheimische. Etwa Dorfbäcker Urs Arnold, der etwas weiter die Strasse hoch mit Schneeschaufeln beschäftigt ist und das als Fitnessprogramm sieht. «So viel Schnee ist doch schön. Das gehört zu einem Bergdorf».
Diese Gelassenheit auch damit zu tun, dass Simplon Dorf früher oft den ganzen Winter lang kaum erreichbar war. Der ehemalige Gemeindeschreiber Josef Escher erinnert sich daran, wie die Passstrasse jeweils im Herbst gesperrt wurde und dann bis Ostern Ruhe einkehrte im Bergdorf.
Die meisten haben Vorräte im Keller, oft aus eigenem Anbau.
In Simplon Dorf lief das Leben in den vergangenen Tagen fast wie gewohnt weiter. Die Dorfschule blieb geöffnet, ebenso die wenigen Restaurants und Läden. Die Lebensmittelversorgung sei nie ein Problem gewesen, sagt der pensionierte Gemeindeschreiber. Der Lebensmittelladen sowie auch die Bäckerei und die Sennerei hätten genügend Frischwaren anbieten können. Zudem setzten viele Leute hier auf ihre eigenen Vorräte.
Mit dieser Gewissheit lassen sich auch einige Tage Abgeschiedenheit aushalten. Lange wird sie nicht mehr andauern. Die Strassenmeister sind daran, die Verkehrswege mit schwerem Gerät freizuräumen.