Mit Elisabeth Kopp wurde 1984 endlich eine Frau in den Bundesrat gewählt. Der Schritt war überfällig, nachdem die Bundesversammlung ein Jahr zuvor noch die bestausgewiesene SP-Nationalrätin Lilian Uchtenhagen abgelehnt, und stattdessen Otto Stich gewählt hatte.
Am 12. Januar 1989 trat Elisabeth Kopp wegen Medienberichten über vorsätzliche Amtsgeheimnisverletzung zurück. Obwohl sie bereits 1990 von diesem Vorwurf freigesprochen wurde, folgten lange Jahre der politischen und gesellschaftlichen Isolation. Heute ist Elisabeth Kopp mit ihrer Partei und ihrer Geschichte versöhnt. Sie engagiert sich nach wie vor für Frauenanliegen und geniesst es, noch immer eine gefragte Person zu sein.
SRF: Es war schwierig, einen Interviewtermin zu finden – sie haben noch immer eine prall gefüllte Agenda?
Elisabeth Kopp: Ja, Gottseidank. Ich habe nach wie vor Anfragen für Vorträge, Interviews oder um Artikel zu schreiben. Und ich freue mich darüber, denn diese Herausforderungen sind das beste Anti-Aging-Mittel.
Sie sind – wenn ich das erwähnen darf – auch schon über 80. Woher nehmen Sie die Energie?
Das ist ein Geschenk, da kann ich eigentlich nichts dafür. Ich habe sie einfach und hatte sie schon immer. Ansonsten hätte ich wohl auch nicht den Lebenslauf gehabt, den ich hatte. Ich habe Freude am Arbeiten, ich habe Freude, wenn ich etwas bewirken kann.
Bald sind Bundesratswahlen, am 5. Dezember könnte nach 34 Jahren wieder eine FDP-Frau Bundesrätin werden. Was bedeutet Ihnen dieses Ereignis?
Es bedeutet mir eine grosse Freude. Vor allem weil die FDP das Glück hat, qualifizierte Frauen zu haben. Ich habe selbst erlebt, wie viel eine Frau bewirken kann. Es hat sich auch gezeigt, dass Parteien, die eine Frau im Bundesrat haben, bei den Wählerinnen ein grösseres Vertrauen geniessen.
Sie waren die erste Frau im Bundesrat, die Männer waren zuvor unter sich gewesen, wurden Sie diskriminiert?
Nein, ich hatten den grossen Vorteil, dass ich mich gewöhnt war unter lauten Männern die einzige Frau zu sein, sei es im Gemeinderat oder im Bildungsrat. Kurz nach meiner Wahl kam es aber zu einer Auseinandersetzung, weil ich für ein Geschäft einen Experten beizog, der mich bei der Präsentation im Parlament unterstützte. Die Männer waren entsetzt: Ich könne doch als Bundesrätin nicht zugeben, dass ich von etwas zu wenig verstünde. Ich sagte nur, ich könne das locker. Wenn sie es nicht könnten, sei es ihr Problem.
Sie erlebten sehr schwierige Zeiten nach Ihrem Rücktritt, wurden von der Partei lange Jahre quasi verstossen, von der Gesellschaft ausgegrenzt – trotz Freispruch. Wie sind Sie darüber hinweggekommen?
Ich hatte sehr gern Politik gemacht, vor allem wenn man etwas erreichen konnte, das war eine Genugtuung und konnte man mir nicht wegnehmen. Und ich hatte das grosse Glück mit einer Familie, die mich unterstützt hat. An meiner Tochter und meinen drei Enkelinnen kann ich mich nur erfreuen. Heute bin ich dankbar, was ich alles machen durfte. Dankbar, dass ich etwas bewirken konnte. Und es ist für mich wunderschön, darauf zurückblicken zu können.
Das Gespräch führte Fanny Kerstein. Sie finden es in voller Länge im Audio-File.