16 Jahre gehörte Kathrin Martelli für die Freisinnigen der Zürcher Stadtregierung an. Zuerst leitete sie das Tiefbau- und später das Hochbaudepartement. Einer ihrer grössten Erfolge war der Neubau des Stadions Letzigrund für die Fussball-Europameisterschaft 2008. Eine ihrer bittersten Niederlagen die verlorene Abstimmung um ein neues Kongresszentrum am See. 2010 zog sie sich aus der Politik zurück.
SRF: Wir sind hier im Letzigrundstadion. Wie ist es für Sie, wieder hier zu sitzen?
Kathrin Martelli: Es ist immer noch ein sehr positives Gefühl. Mir gefällt das Stadion sehr. Und auch wenn ich es von weitem sehe, muss ich immer noch sagen: es war einfach gut, was wir hier gemacht haben.
Sie hatten sich auch für ein richtiges Fussballstadion eingesetzt. Glauben sie, dass man irgendwann einmal auf dem Hardturm Fussball spielt?
Ich bin langsam ein bisschen skeptisch, wenn ich sehe, wie diskutiert wird. Ich kann nur hoffen, dass es diesmal klappt. Denn ich denke, das ist die letzte Chance. Wenn es nicht klappt, wird man in Zürich sehr lange nicht mehr über ein Fussballstadion sprechen.
2008 haben Sie die Wahl ins Stadtpräsidium gegen die heutige Stadtpräsidentin Corine Mauch verloren. War dies die grösste Niederlage in Ihrer politischen Karriere?
Es war eine grosse persönliche Niederlage. Ich habe gekämpft und verloren. Aber es ist wie immer: Rückblickend hat die Niederlage auch etwas Gutes. Ich habe dafür anderes gemacht und andere Chancen bekommen. Deshalb betrachte ich es nicht als meine grösste Niederlage. Die verlorene Abstimmung über das Kongresszentrum, die schmerzt dagegen immer noch.
Wie schwierig war für Sie 2010 der Abschied von der aktiven Politik?
Ich habe selber gestaunt, wie einfach das ging. Ich glaube dafür gibt es zwei Gründe: Erstens, weil ich selber diesen Rückzug beschlossen hatte. Zweitens, weil ich immer noch mit positiven Gefühlen an diese Zeit zurückdenke. Ich konnte sagen, ich habe gemacht, was ich konnte. Das hat mir das Loslassen erleichtert.
Sie haben nach dem Rücktritt verschiedene Mandate angenommen. Gehören Sie auch zu denen, die nach der Pensionierung eher weniger Zeit haben als vorher?
Nein überhaupt nicht. Ich habe mehr Zeit und ich mache auch Vieles gemächlicher. Und was dazu kommt: Ich bin auch ineffizienter geworden. Wenn man keine so enge Agenda mehr hat, kann man auch mehr «umeblöterle» und ich geniesse das. Aber ich habe immer noch Mühe, mich einfach tagsüber hinzusetzen und Bücher zu lesen. Ich bin jemand, der immer noch irgendwo beschäftigt ist.
Sie haben auch zwei Enkelkinder, die sie hüten. Was bedeutet ihnen das?
Mir bedeutet das sehr viel. Es ist schön, wenn man noch einmal sehen kann wie Kinder aufwachsen, Anteil nehmen und sie unterstützen kann. Es ist toll, dass ich diese Beziehungen so aufbauen und leben konnte.
Und wenn wir in die Zukunft blicken: Was haben sie heute noch für Projekte?
Ich habe keine Projekte mehr. Aber ich möchte gerne meine Erfahrungen in meine ehrenamtlichen Tätigkeiten einbringen. Da kann ich noch einiges bringen und mache das auch gerne. Ich möchte die Zeit geniessen, solange ich kann. Zürich ist so eine schöne Stadt und das Leben ist gut. Dafür sollte man einfach dankbar sein.
Das Gespräch führte Damian Grunow.