Der Wasserpegel steht tief im Wehr des Kleinwasserkraftwerks Obertöss in Winterthur. Zu tief. Martin Gisler, Mitinhaber des kleinen Kraftwerks auf dem Areal des Industriekonzerns Rieter, blickt mit Sorge die Töss hinauf. «Von Juli bis heute konnte ich die Anlage nicht einmal in Betrieb nehmen. Wir hatten immer zu wenig Wasser, um einen wirtschaftlichen Betrieb sicherstellen zu können.»
Die Konsequenzen des trockenen Sommers sind gravierend. Produziert das Wasserkraftwerk normalerweise Strom für 300 durchschnittliche Haushalte im Jahr, war es dieses Jahr nicht einmal die Hälfte davon. «Wir haben Betriebskosten und jährliche Investitionen», sagt Gisler. «Und diese zu decken wird in diesem Jahr eine grosser Herausforderung.»
Mehr Winter-, weniger Sommerstrom
Diese Sorgen bekommt der Verband Swiss Small Hydro deutlich zu spüren. Geschäftsleiter Martin Bölli sagt, dass sich viele Betreiber von solchen kleinen Wasserkraftwerken melden. «Sorgen bereitet den Inhabern vor allem der trockene Sommer, sie können so die Mindestproduktion nicht erfüllen. Aber auch Strompreise und veränderte Rahmenbedingungen machen ihnen Probleme», sagt Bölli.
45 Kleinwasserkraftwerke gibt es im Kanton Zürich. Sie produzieren in einem normalen Jahr in etwa so viel Strom, wie die Gemeinden Dübendorf und Wallisellen verbrauchen. Und viele dieser Kraftwerkbetreiber kämpfen mit den gleichen Sorgen wie Obertöss-Mitinhaber Martin Gisler. «Es sind Existenzängste da, aber ich glaube nicht, dass die Kleinwasserkraftwerke in zehn Jahren nicht mehr zum Bild des Kantons Zürich gehören», so Bölli.
Es gelte nun auf die Veränderungen einzugehen, wie beispielsweise den Klimawandel. «In den letzten Jahren waren die Winter eher nass und die Kraftwerke konnten von der Schneeschmelze profitieren.» Bölli glaubt daher, dass zumindest ein Teil des schlechten Sommers mit besseren Wintermonaten kompensiert werden könnte.