Keine vier Wochen vor den Zürcher Wahlen sorgt ein Entscheid der langjährigen Zürcher SP-Nationalrätin Chantal Galladé für Wirbel. Sie hat sich für einen Parteiwechsel entschieden und ist nun Mitglied der Grünliberalen. Für die Zürcher SP ein Hammerschlag, der zum Teil heftig kritisiert wurde. Wie dieser Parteiwechsel zu werten ist und welchen Einfluss er auf die Zürcher Wahlen haben könnte, sagt die Politologin Sarah Bütikofer im Interview als «Regionaljournal Wochengast».
SRF News: Wie überraschend kam der Entscheid von Chantal Galladé für Sie?
Sarah Bütikofer: Ihr Parteiwechsel erfolgte für mich einerseits überraschend. Denn es ist eher aussergewöhnlich, dass ein ehemaliges Mitglied des nationalen Parlaments die Partei wechselt. Zumal Galladés aktuelles Amt als Schulpflegerin kein hochpolitisches Amt ist und ihre Parteimitgliedschaft keine grosse Rolle spielt.
Andererseits erstaunte es mich auch, wie viel Staub der Parteiwechsel aufgewirbelt hat. Das lässt sich vermutlich mit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe erklären, mit der allgemein herrschenden Aufregung um das Rahmenabkommen mit der EU. Und es hat wohl auch damit zu tun, dass es einfach eine sehr gute Mediengeschichte ist. Es ist ein Drama und das passt immer wunderbar.
Sprechen wir über den Zeitpunkt: Es trifft wohl zu, dass dieser für die SP ungünstig ist im Hinblick auf die Wahlen im Kanton Zürich in gerade mal drei Wochen?
Man sollte dies auch nicht überbewerten. Sicher ist der Zeitpunkt geschickt gewählt aus Sicht der GLP und nicht so geschickt aus Sicht der SP. Allerdings bewirbt sich Frau Galladé nicht unmittelbar um ein Amt, sondern es handelt sich um einen Wahlkampf, der schon länger läuft. Die Meinungsbildung der Bevölkerung ist bereits im Gang. Deshalb wird der Wechsel keine erdrutschartigen Verschiebungen mit sich bringen.
Es gibt noch viel Potenzial - für alle Parteien.
Es ist durchaus denkbar, dass Wählerinnen und Wähler, die sich schon länger überlegen, nicht mehr die SP zu unterstützen, nun motivierter sind, eine andere Partei zu wählen. Gleichzeitig kann es gerade auch Motivation sein für SP-Wählerinnen und -Wähler, jetzt erst recht an die Urne zu gehen. Wenn man bedenkt, dass bei den letzten Kantonsratswahlen in Zürich die Beteiligung bei rund 30 Prozent lag, gibt es noch viel Potenzial nach oben, und zwar für alle Parteien.
Das Gespräch führte Dorotea Simeon.