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Wirtschaft Altersvorsorge mit Zeit statt Geld

Wer eine Stunde als freiwilliger Helfer tätig ist, erhält diese Stunde gutgeschrieben. So kann jeder sein eigenes Zeitkonto anlegen – und im Alter die erbrachten Leistungen einfordern. Ein solches alternatives Vorsorgemodell hat sich in Japan bewährt. Nun setzt es ein Verein in der Schweiz um.

Die höhere Lebenserwartung wird die Kosten in der Betreuung und Pflege von betagten Menschen anschwellen lassen. Was der Schweiz bevorsteht, kennt das stark überalterte Japan schon länger. Deshalb hat das Land 1995 ein zusätzliches Vorsorgemodell für Freiwillige eingeführt. Es setzt auf Zeitgutschriften.

Wer freiwillig während einer Stunde Betreuungsaufgaben übernimmt, erhält diese Stunde gutgeschrieben. So kann sich jeder Helfer ein Konto anlegen, das er mit der «Alternativ-Währung» Zeit füllt. Wenn der Helfer selbst Betreuung benötigt – vornehmlich im Alter –, hat er das Recht, die geleisteten Stunden zu beziehen. Dann profitiert also er von freiwilliger Unterstützung im Sozialbereich.

Neue Wege in Luzern und Obwalden

In Anlehnung an dieses Modell hat der Schweizer Verein «Kiss» («Keep it small and simple») ein eigenes Vergütungssystem hierzulande entwickelt. Zurzeit kommt es in den Kantonen Luzern und Obwalden zur Anwendung. In weiteren soll es bald folgen. Darüber hinaus gibt es Projekte in eine vergleichbare Richtung etwa in der Ostschweiz.

Das Ziel ist, durch freiwilliges Engagement älteren Menschen den Verbleib in den eigenen vier Wänden länger zu ermöglichen. Dieser Einsatz kann die Lebensqualität erhöhen. Zwar ersetzt er professionelle Pflege nicht, stellt aber eine sinnvolle Ergänzung in der Betreuung dar. Und er kann Kosten sparen, sofern die Dienstleistungen zu Hause günstiger ausfallen als im Alters- oder Pflegheim.

Generell gewinnen neue Ansätze in der Altersvorsorge an Aktualität. Dies bestätigt die Co-Präsidentin von «Kiss», Susanna Fassbind.

Sicherung des Guthabens

Jede Stunde Freiwilligenarbeit tragen die Mitglieder in eine Datenbank ein. Diese Angaben überprüft der Verein. Die Zeitguthaben verfallen nicht. Dafür soll nicht nur die Software sorgen, sondern auch der Aufbau des Vereins.

«Kiss» besteht aus kantonalen Vertretungen mit genossenschaftlicher Struktur. Die Annahme: Eine Genossenschaft fördere die Motivation am Fortbestand des Vereins. Immerhin hätten ihre Mitglieder ein ureigenes Interesse daran, um ihr persönliches Guthaben nicht zu gefährden.

Mehr Bedürftige als Helfer

Die Zukunft hält für das Zeitgutschriftenmodell allerdings einige Herausforderungen bereit. Anfänglich müssen an betagte Personen, die von «Kiss» eine Dienstleistung beziehen wollen, Gutschriften verschenkt werden. Die heute hilfsbedürftigen Menschen können ja noch nicht auf ein eigenes Zeitguthaben-Konto zurückgreifen. Zudem wird es bis auf Weiteres auch bei zukünftigen Generationen mehr ältere als jüngere Personen geben – und somit tendenziell mehr Menschen, die Betreuung benötigen statt sie anzubieten.

Schliesslich ist zu bedenken, dass mit einem Vergütungssystem das Konzept «Freiwilligkeit» an Wert verlieren kann. Dann nämlich, wenn Personen nur noch bereit sind zu helfen, wenn sie dafür entschädigt werden. Um dies zu verhindern, sieht «Kiss» sein Angebot primär als Ergänzung zur herkömmlichen Freiwilligenarbeit.

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