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Grafik, der die Einnahmen durch neue Unternehmensgewinne der Kantone zeigt.
Legende: Gewinner vs. Verlierer: Genf bleiben 15 von 100 Franken Neugewinn, Uri legt 14 Franken drauf für jede neue Firma. SRF
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Nationaler Finanzausgleich «Arme Kantone haben kaum Anreize, aus ihrer Armut herauszukommen»

Für finanzschwache Kantone lohnt es sich nicht, Unternehmen anzusiedeln, kritisiert Ökonom Christoph Schaltegger.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Nationale Finanzausgleich (NFA) setzt im Bereich der Unternehmenssteuern falsche Anreize, kritisiert Ökonom Christoph Schaltegger.
  • Wenn ein finanzschwacher Kanton Unternehmen anzieht, verliert er aus dem Finanzausgleich mehr Geld als er über die Besteuerung der zusätzlichen Unternehmensgewinne einnimmt.
  • Denkbar wäre, Unternehmenssteuern im NFA weniger stark zu berücksichtigen.

In der Diskussion um die Reform der Unternehmenssteuerreform geht der NFA vergessen. Doch für die Einnahmen der Kantone aus Unternehmenssteuern ist er zentral: Ziel dieses Ausgleichs ist es, die Unterschiede der finanziellen Leistungsfähigkeit der Kantone auszugleichen. Der NFA ist seit 2008 in Kraft und soll helfen, die finanzielle Autonomie der Kantone und ihre steuerliche Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Ökonom Christoph Schaltegger kritisiert: Finanzschwache Kantone, die jedes Interesse haben müssten, Unternehmen anzuziehen und Arbeitsplätze zu schaffen, fahren besser, wenn sich möglichst keine neuen Unternehmen niederlassen.

SRF: Sie warnen vor Finanzausgleichsfallen: Weshalb?

Christoph Schaltegger: Der heutige Finanzausgleich verteilt im Wesentlichen von reichen Kantonen zu armen Kantonen Geld um. Und zwar so, dass die armen Kantone kaum Anreize haben, aus ihrer Armut herauszukommen – das heisst, er verursacht sogenannte Finanzausgleichsfallen.

Wo liegt der Fehlanreiz?

Ein armer Kanton bekommt heute einen grossen Teil seiner Staatsausgaben aus dem Finanzausgleich finanziert. Wenn er versucht, sich selber zu verbessern und sich für Unternehmen attraktiv zu machen und Gewinne anzuziehen, verliert aus dem Finanzausgleich so viel, dass die Besteuerung der zusätzlichen Gewinne nicht ausreicht, die weniger sprudelnden Finanzausgleichsmittel zu kompensieren.

Können Sie Beispiele nennen?

Wenn der Kanton Uri heute eine Firma anzieht, die 100 Franken fiktiven Gewinn erwirtschaftet, erhält er weniger aus dem Finanzausgleich. Der Kanton Uri verliert 14 Franken, das heisst, dass er 14 Franken drauf legt für die Firma, die neu kommt. In einer gleichen Ausgangslage sind der Kanton Glarus und der Kanton Luzern. Im Wesentlichen sind die meisten Nehmerkantone – also die, die etwas bekommen im Finanzausgleich – in einer Situation, in der sie aufpassen müssen, dass sie aus den Gewinnsteuern am Schluss überhaupt noch einen positiven Betrag in der Kantonskasse haben.

Was sind die Folgen des heutigen Systems?

Die Folgen sind, dass insbesondere sehr arme Kantone – Nehmerkantone, die eine sehr geringe eigene Finanzkraft haben – keine Anreize haben, sich so zu positionieren, dass Unternehmen zu ihnen kommen. Geberkantone hingegen haben die besten Anreize, weitere Unternehmen und damit Gewinne anzuziehen. Die Folge ist, dass es zu einer Segregationsbewegung kommt: Geberkantone haben einen Anreiz, immer stärker zu werden und die Nehmerkantone haben einen Anreiz, schwach zu bleiben.

Wie liesse sich das ändern?

Eine Möglichkeit wäre, dass man die Unternehmensgewinne nicht mehr oder nur sehr unterdurchschnittlich in den Finanzausgleich einrechnet.

Eva Herzog: «War mit der Unternehmenssteuerreform III vorgesehen»

Eva Herzog ist Vorsteherin des Finanzdepartements Basel-Stadt und Vizepräsidentin der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren. Sie sagt: «Es ist anerkannt, dass die Anreize heute nicht befriedigend sind – für beide, auch für die Geberkantone, nicht. Eine einfache Verbesserung der Situation wäre eine Tiefergewichtung der Unternehmenssteuern im Finanzausgleich. Das war vorgesehen mit der Unternehmenssteuerreform III, die leider nicht durchgekommen ist, und war unbestritten. Das ist aber etwas, das wir bald einführen müssen.»

Die Gespräche führte Liz Horowitz.

Christoph Schaltegger

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Christoph Schaltegger

Christoph Schaltegger ist seit 2010 Professor für Politische Ökonomie an der Universität Luzern. An der Universität St. Gallen lehrt er zum Thema öffentliche Finanzen.

Schaltegger machte bereits in der «Neuen Zürcher Zeitung» vom 14.02.2017 auf die Thematik aufmerksam.

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