Alexis Lautenberg solls richten. Der erfahrene Schweizer Diplomat vertritt die Interessen der Grossbanken UBS und der Credit Suisse bei der Europäischen Union – als Präsident des neuen Swiss Finance Council, den die beiden Banken ins Leben gerufen haben.
Er soll Kontakte knüpfen zu den Verantwortlichen für die Banken- und Finanzmarktregulierung. Denn in Brüssel wird derzeit einiges entschieden, das besonders UBS und CS Sorgen bereitet. Es geht um den Marktzugang in der EU, um Steuerfragen, aber auch um die Abwicklung zahlungsunfähiger Institute.
Ehemaliger Leiter der Schweizer EU-Mission
Der 68-jährige Lautenberg kennt das Lobby-Geschäft: Er war von 1993 bis 1999 Botschafter und Leiter der Schweizer Mission bei der EU in Brüssel. Später war er als Botschafter in London massgeblich daran beteiligt, die Beziehungen zwischen den Finanzplätzen Grossbritanniens und der Schweiz zu stärken.
Nun steht Lautenberg also im Dienst von UBS und CS. Erwächst damit der eigentlichen Lobby-Organisation der Branche, der Bankiervereinigung, Konkurrenz? Nein, sagt der Präsident des neuen Councils. Es handle sich um eine Ergänzung. «Der Ansatz, der gewählt wurde, greift schon etwas breiter», erklärt Lautenberg. «Wir sind ein Mittelding zwischen einer Lobby-Organisation und einem Think-Tank.»
Die Bankiervereinigung reagiert denn auch gelassen. Deren Sprecher Thomas Sutter: «Diese Auslandvertretung wird komplementär zur Bankiervereinigung in Brüssel aktiv sein.» Sie wird sich vor allem auf die Vertretung der Interessen grosser, international tätiger Finanzinstitute konzentrieren, die in anderen Ländern tätig sind. Die Bankiervereinigung könne das nicht leisten. Sie konzentriere sich auf das schweizerische und das grenzüberschreitende Geschäft.
Bankiervereinigung erwartet keine Abspaltung
«Wir können natürlich nicht die Interessen beispielsweise einer Schweizer Bank in Deutschland, die Geschäfte mit Frankreich macht, vertreten», fügt Sutter an. «Das ist nicht unser Kerngebiet.» Da habe die Regulierung in Brüssel eine sehr grosse Bedeutung. Beide Vertretungen hätten somit ihre Daseinsberechtigung.
Von einer Misstrauensbekundung, weil sich UBS und CS nicht mehr von der Bankiervereinigung vertreten fühlten, könne nicht die Rede sein.
Nichtsdestotrotz: Die international ausgerichteten Grossbanken haben andere Interessen als etwa reine Vermögensverwalter für reiche Privatkunden oder die kleinen, auf das Schweizer Hypotheken- und Kreditgeschäft fokussierten Institute. Immer öfters spricht die Branche deshalb nicht mit einer einzigen Stimme.
Mit Lautenberg haben sich UBS und CS eine Stimme geholt, die in Brüssel auch Gehör finden dürfte.