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Wirtschaft Das schwierige Los der Giessereien

Schweizer Giessereien stehen unter grossem Druck: Ein Drittel aller Stellen in der Branche sind in den letzten Jahren verloren gegangen. Schuld daran ist die Deindustrialisierung der Schweiz – und der starke Franken. Wie bloss will sich die Branche retten?

Schwarzer Giessereiform-Sand liegt am Boden, eine Schwefelnote in der Luft. Funken sprühen wie Wunderkerzen und glühend rotes Eisen, 1500 Grad heiss, fliesst in einem dünnen Strahl in den Giesskessel.

Heute würden 20 Tonnen Eisen geschmolzen, sagt Patrick Nottaris. Er führt den Familienbetrieb im Emmental seit Anfang Jahr. Seit über 170 Jahren wird hier Eisen in Form gegossen: Schachtdeckel, Turbinenteile, Motorengehäuse. Rund 40 Mitarbeiter sind am Werk. Die Experten für Gusseisen kommen aus insgesamt zwölf verschiedenen Ländern.

Internationale Konkurrenz

Was sich bei der Nottaris AG im Kleinen abspielt, findet auch auf der Weltbühne statt: Deutsche, Türken und Chinesen beherrschen das Jahrtausende alte Metallgiesserei-Metier. Das bedeutet eine grosse Herausforderung für die Schweizer Giessereien. Denn hier geschieht fast alles manuell: Formen zusammenbauen, giessen und schliefen. Das mache den Schweizer Guss teuer, sagt Firmenchef Nottaris.

«Der Lohnanteil am fertigen Guss beträgt fast 50 Prozent», rechnet er vor. Das heisst: wenn ein Schachtdeckel 1000 Franken kostet, gehen fast 500 Franken weg für die Löhne. Das ist viel, vor allem bei den international vergleichsweise sehr hohen Löhnen in der Schweiz. Hinzu kommt der starke Franken, wegen dessen die Konkurrenz aus dem Euroraum noch günstiger produziert. Entsprechend wird der Schweizer Kundenstamm immer dünner.

Schweizer Industrie wandert ab

«Unsere Kunden verlagern ihre Produktion ins Ausland – sie gehen dorthin, wo ihre Kunden sind», sagt Nottaris. Wenn also die Industrie aus der Schweiz verschwindet, wird es auch für die hiesigen Giessereien als ihre Zulieferer schwierig. Das trifft die Nottaris AG besonders, denn das Unternehmen verkauft 80 Prozent seiner Ware im Inland.

Audio
Giesserei-Sterben – Ausdruck der Deindustrialisierung
aus Rendez-vous vom 29.03.2016. Bild: Anna Lemmenmeier, SRF
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 39 Sekunden.

Angesichts des schwierigen Umfelds muss auch das Emmentaler Unternehmen Abstriche machen. So wurden im letzten Jahr rund 15 Prozent des Personals abgebaut, dazu kamen mehrere Monate Kurzarbeit. Dennoch sieht der Firmenchef eine Zukunft für das Traditionsunternehmen.

Man mache hier alles, was der Kunde wünsche. «Wir bieten alle Grundierungsarten und Farben an. Das ist sie Stärke in der Schweiz.» Andererseits dürfe man einem Kunden keinen Wunsch ausschlagen: «Wir müssen alles mitmachen, was die Kunden von uns wünschen», sagt der Chef. Das sei das Überlebens-Rezept der Firma.

Das können Einzelstücke sein oder Serien; für den Dorfschreiner ebenso wie für Gemeinden oder internationale Firmen wie ABB. Dabei ist die physische Nähe zu den Kunden der grosse Vorteil des Emmentaler Familienbetriebs: Braucht eine Schweizer Gemeinde ein paar Schachtdeckel, kann Nottaris diese sofort liefern. So liegen denn auch Schachtdeckel im Wert von zwei Millionen Franken im Lagerhaus parat.

Grosse Nähe zu Fachleuten

Ein weiterer Vorteil ist die Nähe zu den Fachhochschulen. Denn diese helfen bei der Entwicklung von neuen Produkten. Man habe in dieser Beziehung im Vergleich zum Ausland einen gewissen Vorsprung. Die Fachkräfte würden stärker in die Praxis miteinbezogen, als dies im nahen Ausland der Fall sei. Bisher konnten allerdings auch die Fachkräfte nicht verhindern, dass die Branche leidet. So mussten im vergangenen Jahr erneut mehrere Schweizer Giessereien ihren Betrieb aufgeben.

Und es werden nicht die letzten gewesen sein, sinniert der Firmenchef des Traditionsunternehmens im Emmental und blickt auf die versandfertigen Stücke. «Es ist durchaus möglich, dass das Gesundschrumpfen der Giessereibranche weitergeht», sagt er. Tatsächlich bleibt den Schweizer Giessereien wohl nur dieser Weg – wenn sie nicht dahinschmelzen wollen.

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