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Debatte um hohe Löhne Konzernchefs kassieren immer mehr

Chefs der SMI-Unternehmen erhalten im Durchschnitt jedes Jahr 2-4 % mehr – das zeigen exklusive Zahlen eines Vergütungsberaters.

Wie hoch die Löhne der Chefs von CS und UBS für das letzte Geschäftsjahr sind, geben die Grossbanken dieser Tage bekannt. In der Vergangenheit sorgten die hohen Vergütungen regelmässig für Kopfschütteln.

Nun ergibt eine exklusive Analyse des Vergütungsberaters Urs Klingler für «ECO»: In den letzten Jahren ging es für viele Chefs von SMI-Unternehmen lohnmässig aufwärts. Die Gesamtvergütungen der Konzernchefs stiegen zwischen 2008 und 2017 um durchschnittlich 2 bis 4 Prozent pro Jahr.

Bei fast der Hälfte der 20 SMI-Unternehmen stiegen die Gesamtvergütungen der Konzernchefs seit 2007 um mehr als 20 Prozent.

So setzen sich die Löhne zusammen

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Die Gesamtvergütung setzt sich zusammen aus fixen und variablen Lohnbestandteilen.

Die Fixvergütung besteht aus dem Grundgehalt, aus Vorsorgeleistungen und anderen Zusatzleistungen.

Die variable Vergütung besteht aus kurzfristigen Boni («Cash-Boni») und langfristigen Erfolgsbeteiligungen («Long Term Incentives»).

Die Meinungen in der Strassenumfrage von «ECO» über Manager-Löhne gehen weit auseinander: Sie reichen von «Leistungen, die solch hohe Boni rechtfertigen, kann man gar nicht erbringen» über «Fixlöhne sind gerechter» bis zu «Boni motivieren die Menschen, härter zu arbeiten».

Warum die Gesamtvergütungen höher ausfallen – zum Teil trotz geringeren Gewinnen – erklärt Urs Klingler so: «Die grossen Firmen stehen in einem internationalem Wettbewerb und kämpfen gegen globale Organisationen. Und dort sind die Leute sehr begehrt und sehr gut bezahlt.»

Den wichtigsten Teil der Lohn-Veränderungen machen gemäss Analyse die langfristigen Boni aus, so Klingler, also die sogenannten «Long Term Incentives», die an den Erfolg eines Unternehmens geknüpft sind. «Damit erhofft man sich, dass sich die Manager noch stärker für das Unternehmen einsetzen», sagt Klingler, weil sie langfristig am Erfolg der Firma partizipierten.

Abzocker-Initative verhindert höhere Löhne nur bedingt

Die Abzocker-Initiative von Thomas Minder hatte das Ziel, übermässige Boni zu verhindern. Obwohl sie seit fünf Jahren umgesetzt ist, steigen die Löhne zum Teil weiter. In seiner Initiative sei es nicht um die einzelnen Gehälter gegangen, sondern darum, dass die Aktionäre über die Höhe der Vergütungen entscheiden können, so Minder gegenüber «ECO».

Es gibt auch die gegenläufige Entwicklung: Die Konzernchefs von fünf SMI-Unternehmen beziehen heute mindestens 20 Prozent weniger Lohn als 2007: Novartis: minus 33%; Swiss Life: minus 38%; Credit Suisse: minus 56%; Nestlé: minus 57% und Swiss Re: minus 63%.

Boni ganz abschaffen?

In der Boni-Frage finden in der Schweiz Anpassungen statt – wenn auch erst vereinzelt. So gab die Migros Bank kürzlich bekannt, ab diesem Geschäftsjahr sämliche variablen Vergütungen zu streichen und dafür die Fixlöhne zu erhöhen. «Der Bonus ist im modernen Bankgeschäft nicht mehr zeitgemäss», lässt sich Bankchef Harald Nedwed auf der Firmen-Website zitieren. Auch die Versicherung Baloise hat individuelle Boni abgeschafft.

Die Raiffeisenbank überlegt sich, ihre Boni-Politik zu ändern, bestätigt Verwaltungsrats-Präsident Guy Lachapelle. Auslöser seien unter anderem die umstrittenen Aktivitäten des ehemaligen Konzernchefs Pierin Vincenz, die nun untersucht werden.

Vergütungsberater Urs Klingler glaubt an finanzielle Anreize. «Die Diskussionen mit den Leuten zeigen: Wenn man etwas kriegt für Geld und der Betrag entsprechend ist, wird man sich belohnt fühlen, wenn man die Extraleistung macht.»

Die meisten der 1100 Unternehmen, die er berate, hätten in irgendeiner Form eine variable Vergütung. Mit hohen Fixlöhnen habe man keine finanziellen Anreize, Leistungen zu bringen, sagt Klingler.

Boni alleine machen nicht glücklich

Der Bonus als alleiniger Anreiz für Leistung? Denise Chervet glaubt nicht daran. Die Geschäftsführerin des Schweizerischen Bankpersonalverbands sagt: «Einen Sinn in der Arbeit zu finden und Sicherheit am Arbeitspatz zu haben, wird immer wichtiger.» Dies sei bei Bank- und auch anderen Angestellten so.

Eine Lohnumfrage bei Bankangestellten habe gezeigt, dass die Lohnzufriedenheit in Kantonalbanken am grössten sei. Dort seien weder die Löhne und noch die Boni die höchsten, aber die Lohnunterschiede seien am kleinsten. «Ein grosser Lohnunterschied ist ein Grund für Unzufriedenheit», sagt Denise Chervet.

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