Der automatische Informationsaustausch (AIA) war für Schweizer Banken lange ein Schreckgespenst. Ab kommendem Jahr wird er nun Realität. Dann wird die Schweiz Kundendaten mit ausländischen Steuerbehörden austauschen.
Der AIA bewirkt grenzüberschreitende Steuertransparenz und ausländische Kunden können nicht länger Schwarzgeld in der Schweiz vor dem heimischen Fiskus verbergen. Deshalb haben die allermeisten Schweizer Banken ihren steuer-unehrlichen Kunden die Tür gewiesen.
Oder sie halfen den Steuersündern, mit den Steuerbehörden bei sich zuhause ins Reine zu kommen – beispielsweise im Rahmen eines Selbstanzeigeprogramms. Solche habe es im Ausland in den letzten Jahren vielerorts gegeben, sagt Rechtsexperte Urs Zulauf. Er war lange Zeit Chefjurist der Schweizer Bankenaufsicht. Heute lehrt er Finanzmarkt-Recht an der Universität Genf.
Lektion gelernt
Zulauf billigt den Banken zu, die Lektion aus den Steuerstreitigkeiten mit den USA und anderen Staaten gelernt zu haben. «Die Banken haben kein Interesse, ein Geschäftsmodell weiterzuführen, bei dem sie sich dem Risiko aussetzen, für Steuerdelikte ihrer Kunden selbst verfolgt zu werden.» Die meisten Banken hätten sich von Schwarzgeld-Kunden aus dem Ausland getrennt.
Die Banken haben kein Interesse, ein Geschäftsmodell weiterzuführen, bei dem sie sich dem Risiko aussetzen, für Steuerdelikte ihrer Kunden selbst verfolgt zu werden.
Doch diese Umwälzung hat die Banken einiges an organisatorischem Aufwand und an Kundengeldern gekostet: Die vermögenden Kunden aus dem Ausland setzten nämlich einen Teil ihres Vermögens dazu ein, um Strafsteuern zu zahlen. Was übrig blieb, beliessen die Kunden zwar meist im Depot, doch auf diesen Geldern können die Banken heute deutlich weniger Gebühren kassieren als früher.
Anspruchsvollere Kunden
In der neuen Welt der Steuerehrlichkeit sind die Kunden anspruchsvoll geworden, erklärt Christian Hintermann vom Beratungsunternehmen KPMG. «Steuer-ehrliche Kunden haben ein sehr hohes Interesse an der Redite auf ihrer Anlage und pflegen einen regelmässigen Austausch mit ihren Kundenberatern.»
Sie erwarteten, dass die Bank die bei ihr angelegten Werte an der Börse geschickt vermehrt. Zudem verlangten sie auch regelmässige, kompetente Beratung, ohne dafür jedoch viel bezahlen zu wollen. Passe ihnen der Service nicht, wechselten sie die Bank. Entsprechend härter ist der Wettbewerb unter den Banken um Kundengelder auf dem Finanzplatz Schweiz geworden.
Pflegeleichte Steuersünder
In den goldenen Zeiten, als das Bankgeheimnis für ausländische Kunden noch galt, war das anders, wie sich Christian Hintermann von KPMG erinnert. Damals habe für die Schwarzgeld-Kunden die Rendite am Finanzmarkt eine kleinere Rolle gespielt. Allein schon damit, dass diese Kunden ihre Gelder nicht deklariert und daher auch nicht versteuert hätten, sei ihnen gedient gewesen.
«Und diese Kunden hatten weniger Interesse, regelmässig mit der Bank in Kontakt zu stehen. Sie kamen vielleicht ein-, zweimal im Jahr vorbei und das wars.» Diese komfortable Ausgangslage ist vorbei für die Banken.
Gewinnmargen um 20 Prozent gesunken
Kein Wunder sind seit der Umstellung die Gewinnmargen gesunken. Branchenexperte Hintermann veranschlagt den Margen-Schwund auf rund 20 Prozent seit 2010. Das heisst also, auf derselben Summe verwaltetes Vermögen verdient heute eine Bank einen Fünftel weniger. Nicht zuletzt darum haben sich bereits Dutzende von Banken aus dem – weniger lukrativ gewordenen – Vermögensverwaltungsgeschäft in der Schweiz zurückgezogen.
Trotzdem gelang es dem Vermögensverwaltungszentrum Schweiz als Ganzes, sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten. Das zeigt die Bankenstatistik der Schweizerischen Nationalbank. Demnach verwalten heute die Schweizer Banken zusammen mehr Kundengelder aus dem In- und Ausland als je zuvor.
Halb so viel Geld aus dem Ausland
Die Statistik zeigt aber auch, dass die Depots ausländischer Privatkunden sich innerhalb der letzten zehn Jahre halbiert haben. Rund 500 Milliarden Franken verwaltete Vermögen gingen den Banken so verloren. Branchenexperte Martin Schilling vom Beratungsunternehmen PwC bestätigt: «Es sind vielleicht gegen 500 Milliarden Franken insgesamt ins Ausland abgeflossen.»
Es sind vielleicht gegen 500 Milliarden Franken insgesamt ins Ausland abgeflossen.
Unbekannt ist, wir viel der AIA und das Ende des Bankgeheimnisses gegenüber dem Ausland zu diesem Abfluss beigetragen haben. Begünstigt haben sie ihn auf jeden Fall.
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