Im Wasser spiegeln sich die leuchtenden Wolkenkratzer von Schanghai. Plötzlich blitzt die Silhouette eines roten Wagens auf, bis das ganze Auto im Werbevideo erscheint. Es ist der neue Kompakt-SUV des chinesischen Herstellers Chery. «Sport Utiltiy Vehicle» (SUV) ist eine Überbegriff für Sport- und Nutzfahrzeuge. Das neue Modell ist der Exceed TX, damit hat Chery Grosses vor. Dieses Auto soll in Zukunft nach Europa exportiert werden.
Bisher waren chinesische Elektro- und Hybridautos vor allem für den Heimmarkt und für Schwellenmärkte wie Russland oder Südostasien gedacht. Neben Chery gibt es in China mehrere Dutzend grosse und kleine Unternehmen, die sogenannte «Xinnengyuan Che» herstellen («Autos mit neuer Energie»).
Chinesische Produzenten müssen die europäischen Konsumenten davon überzeugen, dass ihre Autos qualitativ hochwertig und langlebig sind.
Zwar werde in China schon seit Jahren an Elektroautos geforscht, auf dem Markt ist der Durchbruch aber erst 2014 gelungen, sagt David Zhang, Ingenieur und unabhängiger Berater der chinesischen Autoindustrie.
2015 boomten Elektroautos im Reich der Mitte
Dies, weil die privaten Elektroautos seitdem finanziell unterstützt werden: «In jenem Jahr explodierte der Markt förmlich», sagt Zhang. «2015 wurden über 300’000 solcher Autos verkauft. China wurde zum grössten Markt für Elektro- und Hybridautos. Im letzten Jahr war es bereits eine halbe Million und bis Ende dieses Jahres erwarten wir 750’000 verkaufte Autos.»
Die finanziellen Zuwendungen will Chinas Regierung langsam abbauen, bis 2020 sollen die Subventionen ganz wegfallen. Für Käufer gibt es aber weiterhin Anreize, sie erhalten die Nummern sehr viel schneller. «Diese Autos werden vor allem in Grossstädten wie Schanghai oder Peking gekauft. Denn in diesen Städten muss man auf Autonummern für Verbrennungsmotoren sehr lange warten. Wenn Sie dagegen ein Hybrid- oder ein Elektroauto anmelden, geht die Registrierung sehr schnell.»
Dank Elektroauto schneller zu einer Nummer
In grossen Städten werden neue Autonummern regelmässig versteigert oder verlost. Wer leer ausgeht, muss sein Glück das nächste Mal versuchen. Das kann Monate bis Jahre dauern. Elektro- und Hybridautos dagegen sind von diesen Beschränkungen ausgenommen.
Chinas Regierung hat den Benzin- und Dieselmotoren unlängst den Kampf angesagt. Derzeit will sie einen Zeitplan ausarbeiten, um in Zukunft ganz von herkömmlichen Autos wegzukommen. Doch der Anteil der Elektro- und Hybridwagen ist in China nach wie vor klein. Ihm stehen derzeit rund 200 Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren gegenüber.
Auf Nummern für Autos mit Verbrennungsmotoren muss man lange warten. Wenn Sie ein Elektroauto anmelden, geht die Registrierung sehr schnell.
Dies sollen Quotenvorgaben ändern. Konkret bedeutet das, wer in China in Zukunft Autos verkaufen will, muss einen bestimmten Anteil an Hybrid- und Elektroautos anbieten. Doch in der grossflächigen Elektro- und Hybridauto-Politik sieht Zhang nicht nur Vorteile: «Schon jetzt gibt es Überkapazitäten. Bis 2020 wird es auf dem chinesischen Markt einen Bedarf an zwei Millionen solcher Autos im Jahr geben, die Industrie wird aber ein Vielfaches an Kapazitäten haben. Man exportiert in andere Märkte.»
Nun rückt Europa ins Blickfeld
So haben chinesische Automobilkonzerne wie Chery nach den Schwellenländern nun auch Europa im Blick. Der Erfolg sei aber noch ungewiss, sagt Zhang. Mit dem europäischen Markt seien die Chinesen noch zu wenig vertraut.
Dieser Meinung ist auch Wirtschaftsprofessor Pedro Nueno der China Europe International Business School in Schanghai.
Eine grosse Ungewissheit seien die europäischen Konsumenten. «Die Produzenten müssen die Konsumenten davon überzeugen, dass diese Autos qualitativ hochwertig sind, dass sie langlebig sind und dass sie mindestens so gut sind, wenn nicht besser als die einheimischen Marken, und das ist nicht so einfach», sagt Nueno.
Chinesischer Volvo
Am besten aufgestellt sei der chinesische Autogigant Geely, sagt Nueno. Dieser hat vor sieben Jahren Volvo übernommen und inzwischen eine neue Automarke lanciert: Lynk & Co. Dabei hilft die jahrzehntelange Erfahrung der Schweden, Volvos Forschungs- und Entwicklungsabteilung. 2019 soll es dann so weit sein, dass Lynk & Co. chinesische Autos mit schwedischem Know-how nach Europa exportiert.