Karin Finkelston wirbt für die Weltbank-Tochter International Finance Corporation (IFC) privates Kapital für die Entwicklungsfinanzierung an. Diese Woche ist die IFC-Vizepräsidentin Finkelston in die Schweiz gekommen, wo potente Versicherungsgesellschaften und Pensionskassen ihren Sitz haben.
«Wir wollen neue Märkte für potenzielle Investoren in Entwicklungsländern schaffen», erklärt Finkelston. Diese neuen Märkte sollen immer grössere Ströme von privaten Geldern nicht nur ins prosperierende China, sondern auch in sehr arme Länder Afrikas locken, um dort die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben.
Internationale Konzerne seien zunehmend offen für diese neuen Märkte in Entwicklungsländern, sagt Finkelston. Sie suchten in Entwicklungsländern die Zusammenarbeit mit lokalen Partnern wie den Banken oder Entwicklungsorganisationen wie der IFC. Die Organisation kooperiert beispielsweise in Afrika bereits mit dem Schweizer Schokoladekonzern Barry Callebaut oder dem Kaffeeunternehmen Nespresso.
«Jetzt wollen wir das Ganze beschleunigen, um aus den Millionen an öffentlichen Entwicklungsgeldern Billionen zu machen», sagt Finkelston. Sonst wird es nichts mit den Entwicklungszielen 2030.
Die Zusammenarbeit mit Unternehmen in der Entwicklungszusammenarbeit sei auch für die Schweiz nicht ganz neu, sagt Ivo Germann vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco): «Wir haben immer schon versucht, mit unseren öffentlichen Geldern Private anzuziehen zum Beispiel in der Infrastruktur. Die Privaten sehen hier ein Geschäftsfeld. Wenn wir helfen, die Rahmenbedingungen zu verbessern, sehen wir auch die Möglichkeit, dass solche Investitionen nachgezogen werden.»
Subventionen sollen Risiken abfedern
Die öffentliche Hand könne etwa helfen, mittels Entwicklungszusammenarbeit lokale Gesetze zu vereinfachen, die Mittelvergabe transparenter zu machen, um Korruption zu bekämpfen, oder sogar selbst einen Teil des Risikos zu übernehmen, sagt Germann.
«Es kann auch sein, dass man in ganz schwierigen Märkten das Risiko reduziert, wenn eine neue Investitionsklasse geschaffen werden soll. Das hat gerade zu Beginn sehr hohe Kosten. Da kann man vielleicht mit einer Form von öffentlich-privater Beteiligung erste Verlustrisiken übernehmen.»
Unternehmen springen auf Anreize an
Mit anderen Worten: Der Privatsektor wird subventioniert, um Verlustrisiken abzufedern, damit Unternehmen sich überhaupt in die neuen Märkte hineinwagen.
In schwierigen Ländern mit hohem Risiko, sagt Swiss-Re-Manager Ivo Menzinger, «können öffentliche Institutionen Instrumente anbieten, die diese Risiken minimieren und es uns dann als Privatinvestor erlauben, in Regionen zu investieren, in die wir sonst nicht investieren würden.»
Nur für nachhaltige Investoren
Diese Art der Kooperationen zwischen öffentlicher Hand und Privatsektor ist umstritten. Zwar brauche es gewisse Anreize der öffentlichen Hand, sagt Mark Herkenrath von Alliance Sud, der Arbeitsgemeinschaft von sechs Schweizer Hilfswerken. Aber man müsse sehr genau kontrollieren, wem welche Anreize gegeben würden.
«Ich finde es zum Beispiel ziemlich absurd, wenn man staatliche Gelder einsetzt, um Investitionen von Unternehmen zu finanzieren, die am Schluss ihre Gewinne ins Ausland verschieben und keine Steuern in den Entwicklungsländern bezahlen», sagt Herkenrath.
Privatinvestoren treiben die Kosten
Andere Entwicklungsorganisationen kritisieren, dass die Kosten etwa für den Bau und den Betrieb von Spitälern oft deutlich höher ausfielen, wenn Privatinvestoren im Boot seien, weil die naturgemäss mehr ihre Rendite im Blick hätten als nachhaltige Entwicklung.
Langfristige Untersuchungen, ob Privatinvestitionen in Entwicklungsländern tatsächlich nachhaltig seien, gibt es bisher nicht. IFC-Managerin Finkelston verspricht Besserung. Bisher habe auch ihre Organisation nur untersucht, ob beispielsweise Investitionen rentierten, oder ob CO2-Emissionen gesenkt werden konnten.
Künftig sollen auch die langfristigen Auswirkungen solcher Investitionen auf die lokalen Märkte untersucht werden. Damit soll etwa vermieden werden, dass mit privaten Investitionen zwar neue Arbeitsplätze für ausländische Unternehmen geschaffen, dafür aber bestehende zerstört werden.