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Wirtschaft Euro-Krise: Nur die Peitsche bringt nötige Reformen

Die Sorgenkinder der Euro-Zone heissen nicht mehr Griechenland oder Portugal, sondern Italien und Frankreich. Die Schwergewichte standen nicht unter internationalem Druck – und gehen Reformen nur schleppend an, sagt der Chefökonom der Zürcher Kantonalbank gegenüber «ECO».

50 Milliarden Euro einsparen bis 2017. Über diesen Plan der französischen Regierung wird am Dienstag die Nationalversammlung debattieren. Ob die angekündigten Sparmassnahmen und Struktur-Reformen Realität werden, steht auf einem anderen Blatt. Auch aus den eigenen Reihen weht dem «Plan Valls», getauft nach Premierminister Manuel Valls, Wind entgegen.

In Griechenland ist ein Strukturwandel dagegen bereits im Gange. Zwar sind Arbeitslosenzahlen und Verschuldung noch immer hoch, aber erste nötige Reformen für eine bessere Zukunft hat Athen umgesetzt.

«Athen konnte nicht anders»

Ein Beispiel ist der Taximarkt. Früher brauchten Taxifahrer eine Lizenz. Trotz Bevölkerungswachstum erhöhte die Regierung die Anzahl der Lizenzen nicht. Wer eine Lizenz besass, hatte folglich mehr Kunden, aber nicht mehr Konkurrenten. Somit liess sich einfach Geld verdienen. Eine Änderung kam erst mit Druck von aussen: Als Griechenland Hilfsgelder anfordern musste, führte das hochverschuldete Land unter dem Druck der Troika nötige Reformen durch. Unter anderem wurde das Lizenzsystem im Taximarkt aufgehoben.

Die Troika

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Die Troika besteht aus der Europäischen Zentralbank, der Europäischen Kommission und dem Internationalen Währungsfonds. Die Delegation überwacht die Umsetzung der Reformen in den Krisenländern, die Hilfsgelder benötigten.

«Die Griechen hatten gar keine andere Wahl als die Auflagen der Troika zu erfüllen. Sonst hätten sie keine Hilfsgelder bekommen und wären bankrott gegangen», sagt der Chefökonom der Zürcher Kantonalbank, Anastassios Frangulidis, gegenüber «ECO».

Ähnlich sieht die Situation in den anderen Krisenländern Europas aus: Irland, Spanien, Portugal und Zypern haben laut Frangulidis bedeutende Reformen durchgeführt. Auch sie standen unter dem Druck der Geldgeber. Der drohende Peitschenhieb der Troika – das Hilfsgeld zu entziehen – scheint gewirkt zu haben.

Zuckerbrot statt Peitsche

Anders die Länder, die mit einem blauen Auge durch die Krise gekommen sind, namentlich Frankreich und Italien: «Der ehemalige italienische Regierungschef Mario Monti hat eine Reform im Sozialversicherungsbereich durchgeführt. Aber bereits ein paar Monate danach hat der Reformwille nachgelassen. Seither hat Italien nichts mehr gemacht», urteilt Frangulidis. Der Druck sei einfach nicht genug gross gewesen. Italien und Frankreich hatten keine Hilfsgelder anfordern müssen und waren daher nicht unter die Fuchtel der Troika gekommen.

Langfristig schadet Draghis Aussage Italien.
Autor: Anastassios Frangulidis Chefökonom ZKB

Dass Italien nicht um Hilfsgelder würde bitten müssen, war alles andere als sicher. Im Sommer 2012 spitzte sich die Krise zu. Auch Rom musste immer höhere Zinsen für seine Staatsfinanzierung bezahlen – und geriet ins Wanken. Am 26. Juli 2012 griff der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, ein. Mit dem Versprechen, er sei bereit alles zu tun, um den Euro zu retten, beruhigte er die Finanzmärkte. Auch die Zinsen Italiens erholten sich. Draghi wandelte die drohende Peitsche der Troika in ein Zuckerbrot der EZB.

Video
Anastassios Frangulidis über die neuen Sorgenkinder
Aus ECO vom 07.04.2014.
abspielen. Laufzeit 39 Sekunden.

ZKB-Chefökonom Frangulidis: «Kurzfristig half das Italien, denn so kam das Land zu neuem Geld am Kapitalmarkt. In der langen Frist bin ich aber anderer Meinung. Ich denke, letztendlich leidet Italien darunter, weil es Rom dadurch verpasst hat, wichtige Reformen durchzubringen».

Neue Sorgenkinder

Heute seien die Sorgenkinder der Euro-Zone nicht mehr Griechenland, Portugal oder Spanien, sondern Italien und Frankreich, sagt Frangulidis. Insbesondere weil diese beiden Länder Euro-Schwergewichte sind, ist es ratsam, den aufkeimenden Optimismus in der Euro-Zone mit Vorsicht zu betrachten. Denn ohne grossen Druck ist es ungewiss, ob Rom und Paris bedeutende Reformen nicht nur ankündigen, sondern auch tatsächlich durchführen.

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