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Wirtschaft Front gegen Lohnsenkungen ab 55

Mitarbeiter würden im Alter weniger produktiv und sollten deshalb weniger verdienen: Die Idee aus Wirtschaftskreisen stösst bei Gewerkschaften auf Widerstand. Auch Unternehmen zögern – es gibt aber Firmen, die zumindest Lohnerhöhungen für ältere Mitarbeiter ausschliessen.

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Hans Hess über ältere Arbeitnehmer
Aus ECO vom 11.11.2013.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 38 Sekunden.

Peter Hasler, der heutige Präsident der Post, wollte die Debatte schon 2005 anstossen. Damals, noch als Direktor des Arbeitgeberverbandes, forderte er, Dienstalters-Zulagen seien abzuschaffen. Und: «Ein Leistungslohn bedeutet, dass es irgendwann wieder hinuntergehen kann».

Hans Hess, Präsident des Industrie-Verbands Swissmem, doppelte letztes Jahr im Interview mit «ECO» nach: Mitarbeiter über 55 hätten vielleicht nicht mehr das gleiche Leistungsvermögen und müssten bereit sein, Lohneinbussen in Kauf zu nehmen.

Für Daniel Lampart, Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, ist der Vorschlag indiskutabel: «Diese Forderung würde einzig dazu führen, dass die Arbeitgeber auf Kosten der Angestellten mehr Gewinn machen können». Vielmehr sollten Arbeitgeber mehr in die Weiterbildung und die Gesundheit ihres Personals investieren – bereits bevor die Mitarbeitenden 55 Jahre alt seien.

Daniel Lampart.
Legende: «Mehr Gewinn auf Kosten der Angestellten». SGB-Chefökonom Daniel Lampart hält nichts vom Vorschlag der Lohnsenkungen. Keystone

Das eigentliche Problem dieser Altersgruppe sei aber die Schwierigkeit, nach einer Kündigung wieder einen Job zu finden. Lampart verweist auf eine Studie der Universität Lausanne. Das ernüchternde Resultat: Nach einer Firmenschliessung hatten 80 Prozent der Personen unter 55 Jahren nach rund zwei Jahren wieder eine Stelle, bei den 55- bis 59-Jährigen aber traf das nur auf 53 Prozent zu, bei den 60- bis 64-Jährigen auf 13 Prozent. Und: Ältere wurden, wenn überhaupt, zu deutlich tieferen Löhnen wieder angestellt.

Wenig überraschend fällt Hess‘ Vorschlag bei Gewerkschaften durch. Aber auch Unternehmen tun sich schwer mit Lohnmodellen mit sinkenden oder stagnierenden Alterslöhnen. «Das ist noch immer ein Tabuthema», sagt Andreas Rudolph.

Er berät Firmen bei Restrukturierungen und hilft vielen Arbeitnehmern über 50 beim Jobwechsel. In jüngerer Zeit überdenke jedoch manch ein Unternehmen das Lohnmodell. «Wir bekommen oft zu hören ‹Ja, wir wissen, dass wir an diesem Thema arbeiten müssen›», sagt Rudolph.

Ab 15 Dienstjahren keine Lohnerhöhung mehr

Der Zürcher Software-Hersteller Ergon senkt zwar nicht die Löhne der älteren Angestellten, verzichtet aber ab 15 Jahren Berufserfahrung – ob im Unternehmen oder ausserhalb – konsequent auf Lohnerhöhungen.

Patrick Burkhalter im Interview.
Legende: Ergon-Chef Patrick Burkhalter: «Nur weil ich älter bin, mache ich meine Arbeit nicht schneller». SRF

Geschäftsführer Patrick Burkhalter begründet dies damit, dass ältere Mitarbeiter dem Unternehmen nicht per se mehr brächten. «Nur weil ich älter bin, kann ich ein Projekt nicht besser managen, und ich mache meine Arbeit auch nicht schneller», so Burkhalter.

An Anreizen zu guter Leistung fehlt es aber nicht: Ergon-Mitarbeiter aller Altersklassen können bei guter Leistung Boni erhalten – und Ältere werden gar bevorzugt behandelt.

Wenn auch Ergon die Ausnahme ist und Lohnmodelle mit sinkenden Alterslöhnen kaum vorkommen: SGB-Chefökonom Daniel Lampart sagt, die Löhne älterer Mitarbeiter sänken gemäss einer Auswertung des SGB-Lohnrechners schon heute in etlichen Branchen. «In der Maschinenindustrie stagnieren die mittleren Monatslöhne von Produktionsmitarbeitern bereits ab einem Alter von 50 Jahren, und ab rund 55 Jahren sinken sie», so Lampart.

Grafik zum Wachstum von Medianlöhnen.
Legende: Der Medianlohn in den höheren Alterskategorien ist stärker gestiegen als jener der niedrigeren. SRF

Über alle Branchen ergibt sich gemäss Zahlen des Bundesamtes für Statistik freilich ein anderes Bild: Zwischen 2008 und 2012 ist der Medianlohn in den Alterskategorien 40 bis 49 (plus 6,5 Prozent) und 50 bis 59 (plus 5,5 Prozent) deutlich stärker gestiegen als bei den unter 20-Jährigen (3,7 Prozent), bei den 20- bis 29-Jährigen (plus 5,3 Prozent) und den 30- bis 39-Jährigen (plus 4,5 Prozent).

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