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Wirtschaft Gesundheit als vergessenes Menschenrecht

Noch immer haben Hunderte Millionen Menschen weltweit keinen Zugang zu einer Gesundheitsversorgung. Schuld daran sei besonders die Pharmaindustrie mit ihren Patenten und hohen Medikamentenpreisen, finden NGOs. Sie wollen die Pharmabranche zwingen, dieses Menschenrecht im Geschäft einzubauen.

Was für uns in der Schweiz selbstverständlich ist, kennen viele Menschen in den Entwicklungsländern nicht. Der Gang zum Arzt, ins Spital oder in die Apotheke ist für sie unerschwinglich.

Alexander Schulze von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit Deza sagt, Gesundheit sei zentral, damit ärmere Länder aus ihren Problemen herausfänden: «Ohne körperliches Wohlbefinden kann ein Mensch weder produktiv sein, noch kann sich eine Gesellschaft volkswirtschaftlich oder sozial entwickeln.» Dies sei umso gravierender, je mehr Krankheitsfälle es gebe.

Gesundheit als vergessenes Menschenrecht

Doch darüber werde viel zu wenig geredet. Die Deza spricht deshalb von der Gesundheit als einem vergessenen Menschrecht und stellt das Thema in den Mittelpunkt ihrer heutigen Jahreskonferenz. Mittendrin in dieser Diskussion stehen die Pharmafirmen. Nichtregierungsorganisationen kritisieren, mit ihren weltweiten Patenten auf Medikamenten verhinderten sie günstigere Nachahmerprodukte, sogenannte Generika.

Kennen sie andere Industrien, die einen solchen Nettogewinn verbuchen können?
Autor: Patrick Durisch Erklärung von Bern

Zudem seien sie mit zu hohen Preisen mitverantwortlich für die schlechte Versorgung in den Entwicklungsländern. Patrick Durisch von der Erklärung von Bern sagt, die Pharmabranche mache einen Nettogewinn von 20 Prozent. «Kennen sie andere Industrien, die einen solchen Nettogewinn verbuchen können?», fragt er rhetorisch. Für ihn heisst das, es gebe doch einen Spielraum, damit ärmere Menschen sich Medikamente leisten könnten.

Audio
Pharmafirmen und die Gesundheit in armen Ländern
aus Rendez-vous vom 21.08.2015. Bild: Reuters
abspielen. Laufzeit 3 Minuten 51 Sekunden.

Warnung vor Schuldzuweisungen

Die Pharmafirmen sind sich der Kritik bewusst. Thomas Cueni vom Branchenverband Interpharma warnt aber vor einfachen Schuldzuweisungen: Die böse profitgierige Pharmaindustrie auf der einen und die guten Länder auf der anderen Seite – da mache man es sich zu einfach. «Innerhalb der forschenden Pharmabranche ist es unbestritten, dass es differenzierte Preise geben muss.»

Das heisst: Medikamente sind in den Industrieländern am teuersten und werden günstiger verkauft, je ärmer die Länder sind. Trotzdem können Menschen, die nur wenige Dollar pro Tag verdienen, sich Medikamente nicht leisten.

Druck der Zivilgesellschaft hat etwas bewegt

Doch hier habe sich einiges getan, sagt Alexander Schulze von der Deza. Unter dem Druck der Zivilgesellschaft hätten sich einige Pharmafirmen bewegt. Es gebe Firmen, die Sublizenzen vergeben hätten – etwa im südlichen Afrika, damit dort die HIV- und Aidsmedikamente billiger würden. Von anderen Firmen gebe es Kostenprogramme – etwa in der Malariabekämpfung, wo die Produkte sehr billig seien. Insofern habe man eine Verbesserung festgestellt, sagt Schulze.

Mit solchen Sublizenzen wird es möglich, dass Medikamente vor Ort günstiger produziert werden. Und die Abgabe zu Selbstkostenpreisen machen eine Therapie für die Patienten erschwinglich. Solche freiwillige Programme seien zwar zu begrüssen, findet Patrick Durisch von der Erklärung von Bern, doch sie genügten nicht: «Besser wären verbindliche Regeln, damit alle Pharmafirmen diese Menschenrechtsdimension in ihrem Geschäftsablauf einbauen.»

Ohne Patente wird es keine Fortschritte in der Forschung gegen Krankheiten geben.
Autor: Thomas Cueni Branchenverband Interpharma

Sprich, dass Pharmafirmen die Menschenrechte höher gewichten als den Profit. Funktioniere das nicht, so müsse der Staat Pharmafirmen einfach zwingen, Medikamente billiger abzugeben. Doch ein solcher Zwang geht der Pharmabranche zu weit. Sie befürchtet, dass so der Patentschutz aufgeweicht wird, und das nütze den Patienten nicht: «Ohne Patente wird es keine Fortschritte in der Forschung gegen Krankheiten geben», sagt Cueni.

Noch sind die Positionen also weit auseinander. Aber die politische Diskussion ist lanciert.

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