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Wirtschaft Glutenfrei: Ein Lifestyle, durch geschickte Werbung unterstützt

Zwar ist in der Schweiz nur eine Person von 100 allergisch gegen Gluten. Trotzdem kaufen viel mehr Konsumenten glutenfreie Produkte. So viele, dass gluten- oder auch laktosefreie Nahrungsmittel zu einem Wachstumsmarkt des Lebensmittel-Detailhandels geworden sind.

Gluten, Laktose, Nüsse oder Ei: Manche Menschen vertragen diese Nahrungsbestandteile schlecht. An Allergien leiden allerdings die wenigsten. Dennoch erleben allergenfreie Nahrungsmittel einen Boom.

Zweistelliges Wachstum, Jahr für Jahr

Mit ihrem Label «aha!» für allergenfreie Produkte setzte die Migros 2014 58,3 Millionen Franken um – gut 16 Prozent mehr als im Vorjahr. Beim Brot sind es laut Renato Isella, Migros-Verantwortlicher für Brot und Feinbackenwaren, momentan sogar «weit über 30 Prozent».

Auch Coops allergenfreie Linie «free from» wuchs letztes Jahr gegenüber 2013 um 16 Prozent. Zählt man weitere Marken hinzu, die gluten- oder laktosefreie Produkte anbieten, erzielte Coop in diesem Sortiment einen Umsatz von 64 bis 70 Millionen.

Coop und Migros sind nicht die einzigen, die von diesem Trend profitieren: Gesamtschweizerisch wächst das allergenfrei-Sortiment mittlerweile mehr als Bioprodukte. Der Umsatz nahm von Mai 2014 bis April 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 6 Prozent zu, jener von Bio-Produkten um 4 Prozent.

Medizinisch nicht nötig

Das Erstaunliche: Mehr Menschen greifen ins Regal mit allergenfreien Lebensmitteln, als es Betroffene gibt. Auf Gluten ist nur ein Prozent der Bevölkerung allergisch. Immer öfter wird aber auch «Glutenintoleranz» diagnostiziert.

Frank Bodin.
Legende: Die Auseinandersetzung mit der eigenen Gesundheit und Ernährung wird ein Thema bleiben, glaubt Werber Frank Bodin. SRF

Das passiert per Ausschlussverfahren: Wer weder auf Gluten noch auf Weizen allergisch ist, aber dennoch eine Besserung verspürt, wenn er sich glutenfrei ernährt, ist «glutenintolerant». Wissenschaftlich konnte jedoch bis heute nicht bewiesen werden, dass die Ursache des Unwohlseins tatsächlich auf Gluten zurückzuführen ist.

«Trends, die vielleicht einen Schritt zu weit gehen»

Laut Frank Bodin, Geschäftsführer der Werbeagentur Havas Worldwide, setzen sich die Menschen generell immer mehr mit ihrer Ernährung und ihrer Gesundheit auseinander: «Sie können sich selber informieren, probieren auch viele Sachen aus. So können auch gegenteilige Trends entstehen, die vielleicht einen Schritt zu weit gehen.»

Nachgefragt bei Coop, was es mit der Diskrepanz zwischen Konsum und Betroffenen auf sich haben könnte, antwortet Roland Frefel, Leiter Frischprodukte: «Vor allem von Amerika ist das Lifestylige übergeschwappt. Ich würde es nicht unbedingt überbewerten, aber es gibt doch sehr viele Leute, die sich einfach wohler fühlen, wenn sie zum Beispiel laktosefreie anstatt herkömmliche Milch trinken.»

Roland Frefel.
Legende: Kundenbedürfnis befriedigen – so sieht Roland Frefel von Coop das steigende Angebot an allergenfreien Produkten. SRF

Geschicktes Marketing

Die Assoziation mit Wohlgefühl wird von der Werbung unterstützt: «Iss das Leben schön!», ist etwa in der Beschreibung der glutenfreien Pasta der Migros-Bäckerei Jowa zu lesen. Nestlé zeigt sich in einem Werbespot erstaunlich offen: «Während die einen zu glutenfreien Produkten wegen Glutenunverträglichkeit greifen, gibt es auch viele, die das tun, obwohl sie es nicht müssten.»

Roland Frefel von Coop bestreitet nicht, dass der «allergenfrei»-Trend auch Resultat geschickten Marketings ist: «Sagen wir's so: Wir haben gewisse Dinge übernommen und antizipieren gewisse Sachen, das ist klar. Für uns ist es dann halt ein Kundenbedürfnis. Dem tragen wir Rechnung im Sortiment.»

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