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Hypotheken und Kredite Bundesrat will Postfinance von der Leine lassen

  • Der Bundesrat will der Postfinance künftig erlauben, eigene Hypotheken und Kredite zu vergeben.
  • Seiner Meinung nach ist ohne diesen Schritt langfristig kein erfolgversprechendes Geschäftsmodell möglich.
  • Der Bundesrat wird nun eine Gesetzesänderung ausarbeiten.
  • Postfinance CEO Hansruedi Köng freut sich über die Pläne – und blickt dem Parlamentsentscheid optimistisch entgegen.

Die Landesregierung hat das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek) beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Finanzdepartement (EFD) eine Vernehmlassungsvorlage zu einer Teilrevision des Postorganisationsgesetzes auszuarbeiten, teilte der Bundesrat mit.

Die Situation heute

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Gemäss dem heutigen Gesetz darf die Postfinance keine eigenen Kredite und Hypotheken vergeben, sondern vermittelt diese lediglich an andere Banken wie etwa die Valiant. Weil sie Mühe hat, die Kundengelder gewinnbringend anzulegen, parkt sie einen Teil davon bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Doch dafür muss sie der Notenbank Negativzinsen bezahlen. Zudem entgehen ihr Einnahmen, die bei Konkurrenten einen wichtigen Ertragspfeiler bilden. Als Gegenmassnahme hat Postfinance ein Programm zur Kostensenkung aufgesetzt.

Mit knapp drei Millionen Kunden und rund 120 Milliarden Franken Kundenvermögen ist Postfinance eines der grössten Schweizer Finanzinstitute. «Aufgrund ihrer starken Stellung im inländischen Einlagegeschäft und im Zahlungsverkehr gehört sie zu den systemrelevanten Banken. Ausserdem nimmt sie den gesetzlichen Grundversorgungsauftrag im Bereich des Zahlungsverkehrs wahr», betonte die Regierung. Der Bundesrat will die Neuerungen Anfang 2019 in Kraft setzen.

Aufgrund der seit 2008 anhaltenden Tiefzinsphase und des eingeschränkten Geschäftsmodells sei es absehbar, dass das Betriebsergebnis der Postfinance bis 2021 trotz Gegenmassnahmen deutlich zurückgehen werde, schrieb der Bundesrat weiter.

Bund soll Mehrheitsaktionär bleiben

Er ist daher zum Schluss gekommen, dass «ohne Zugang zum inländischen Kredit- und Hypothekarmarkt für die Postfinance langfristig kein erfolgversprechendes Geschäftsmodell möglich ist». Nach Meinung der Regierung ist der Eintritt von der Postfinance in den Kredit- und Hypothekarmarkt auch aus Konsumentensicht zu begrüssen, «weil er zu einer Belebung des Wettbewerbs führt».

Um das zusätzlich notwendige Eigenkapital zu beschaffen und um die Beteiligungsrisiken des Bundes zu reduzieren, spricht sich der Bundesrat für eine Öffnung des Aktionariats aus. Wie im geltenden Gesetz vorgesehen, solle die Post – und damit indirekt der Bund – aber Mehrheitsaktionär bleiben.

Seit Jahren Vorstösse für einen Umbau

Alle Vorstösse, die eine Teilprivatisierung von Postfinance und die Zulassung zum Kreditgeschäft verlangten, sind bisher gescheitert. Hängig ist eine Motion der Grünliberalen, welche die vollständige Privatsierung fordert. Der Bundesrat lehnt diese zwar ab.

In seiner Stellungnahme vom Mai erinnerte er aber daran, dass das Uvek und das EFD zusammen mit Post und Postfinance ein Projekt lanciert haben. In diesem Rahmen würden auch eine (Teil-)Privatisierung und die Aufhebung des Kredit- und Hypothekarvergabeverbots näher untersucht.

Postfinance-CEO glaubt an Chancen im Parlament

Postfinance-CEO Hansruedi Köng zeigt sich gegenüber SRF News erfreut über die Pläne des Bundesrats. Das Kreditverbot sei ein markanter Wettbewerbsnachteil. Angesichts der aktuellen Negativzins-Phase sei die Zinsmarge der Postfinance deutlich stärker unter Druck als diejenige von Banken, die im Kredit- und Hypothekargeschäft aktiv seien: «Es braucht gleich lange Spiesse», fordert Köng.

In Jubelstimmung verfällt der Postfinance-CEO allerdings nicht: Das Parlament kann den Plänen noch einen Strich durch die Rechnung machen. Dort dürfte auch die Konkurrenz lobbyieren. Köng beschwichtigt: «Postfinance hat nicht die Absicht, als ‹billiger Jakob› mit Riesenvolumen auf den Markt zu stürzen.»

Postfinance hat nicht die Absicht, als ‹billiger Jakob› mit Riesenvolumen auf den Markt zu stürzen.
Autor: Hansruedi Köng CEO der Postfinance

Nichtsdestotrotz: Widerstand ist vorprogrammiert. Trotzdem bleibt Köng optimistisch: «Ich bin kein Hellseher was die Politik anbelangt.» Denn auch im Bundesrat dürfte es kritische Stimmen gegeben haben, so Köng: «Dort ist die Kraft der Argumente aber durchgedrungen und ich bin guter Dinge, dass das auch im Parlament so sein wird.»

Und: Parlament und Bundesrat hätten eine Verantwortung der Öffentlichkeit gegenüber. Die Postfinance sei im Besitz der Post und damit letztlich des Bundes. Von ihrem Wohlergehen würden auch die Schweizer Bürgerinnen und Bürger profitieren: «Es wäre fahrlässig, den Wert der Postfinance versanden zu lassen.»

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