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Wirtschaft Larry Summers: «Risikoabwägung spricht gegen Zinserhöhung»

Fast alle Beobachter sind sich einig: Die US-Notenbank wird heute Abend ihre Leitzinsen anheben – zum ersten Mal seit 2006. Einer jedoch widerspricht: Larry Summers. Für den ehemaligen US-Finanzminister käme die historische Zinswende heute zu früh.

Larry Summers ist ein rastloser Mensch. Er wackelt mit den Beinen, wenn er einem gegenübersitzt. Bevor die Frage fertig gestellt ist, setzt er schon zur Antwort an. Und ausgerechnet dieser Larry Summers sagt: Nur keine Eile! Die Leitzinsen jetzt anheben - das wäre ein grosser Fehler.

Denn die Teuerung, ein wichtiger Wert für den Zinsentscheid, sei noch immer ausserordentlich tief. Und solange die Teuerung nicht derart nahe ist, «dass man das Weiss in ihren Augen sehen kann, sind höhere Zinsen verfrüht», sagt Summers.

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Larry Summers: «Menschen und Firmen müssen mehr Geld ausgeben»
aus Rendez-vous vom 16.12.2015. Bild: Reuters
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 58 Sekunden.

Sparen trotz billigem Geld

In der Tat ist die Teuerung in den Vereinigten Staaten noch immer sehr gering, weit unter dem Zielwert von zwei Prozent. Und die US-Notenbank musste ihre Teuerungs-Vorhersagen in letzter Zeit fast immer nach unten korrigieren.

Harvard-Professor Summers erklärt sich die tiefe Inflation mit der neuen Wirtschaftsrealität seit der Finanzkrise und nennt das Phänomen «säkulare Stagnation».

Die Leute würden mehr Geld sparen und gleichzeitig weniger Geld investieren und ausgeben als früher. So wachse die Wirtschaft weniger schnell als erwünscht. Und dagegen sei die Geldpolitik machtlos: Sie könne die Zinsen nicht noch weiter senken, um Investitionen anzukurbeln, denn die Zinsen liegen ja bereits auf ihrem Minimum.

Auch Sommers lag schon daneben

So selbstsicher er tönt: Larry Summers lag in seinem Ökonomen-Leben schon einige Male falsch. Als Bill Clintons Finanzminister forcierte er eine Deregulierungswelle, die die letzte Finanzkrise mitverursachte. Als Barack Obamas Chef-Berater in Wirtschaftsfragen stand er beim Konjunktur-Ankurbelungsprogramm auf der Bremse. Er war der Ansicht, ein riesiges Programm fände keine politische Mehrheit.

Aber: Die aktuellen Wirtschaftsdaten widersprechen Summers Theorie zumindest nicht. Die Teuerung ist ungewöhnlich tief, ebenso der Leitzins, das Wachstum unter dem für die USA üblichen Wert. Dazu kommt ein Arbeitsmarkt, der zwar heute wieder gesünder ist, aber nicht so gesund, wie die aktuelle Arbeitslosenquote von fünf Prozent vermuten lässt. Die Löhne steigen zum Beispiel nur sehr langsam an, ein Zeichen dafür, dass sich die Arbeitgeber noch nicht um Arbeitnehmer streiten.

Ein schnelleres Wirtschaftswachstum würde mehr Arbeitsplätze und mehr Einkommen generieren und letztlich von sich aus zu einer höheren Teuerung führen, argumentiert Larry Summers. Erst dann seien Zinserhöhungen angebracht.

In marode Infrastruktur investieren

Doch wie kommen die USA aus ihrem Stillstand – ihrem Zustand der säkularen Stagnation – wieder heraus? Man müsse die Menschen und Firmen dazu bringen, wieder mehr Geld auszugeben, sagt Summers. Als Beispiel nennt er Investitionen in die Infrastruktur. Gerade in diesem Bereich sei in den Vereinigten Staaten zu wenig getan worden.

Auch die US-Notenbank könne die Entwicklung unterstützen - mit der Fortführung der bisherigen Nullzins-Politik. Ein Zins-Anstieg würde Kredite und Hypotheken verteuern und Investitionsgelüste gleich im Keim ersticken, befürchtet Summers. Die Notenbank dürfe sich nicht unter Handlungs-Druck setzen lassen, auch wenn die Nullzins-Politik schon eine Weile besteht. «Das Abwägen der Risiken spricht für den Moment gegen eine Zinserhöhung», sagt Summers deshalb.

Eine Warnung, die heute im Zinsgremium der US-Notenbank zur Kenntnis genommen wird. Mehr aber wohl nicht.

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