Zum Inhalt springen

Megafusion im Bahngeschäft Siemens und Alstom wollen Chinesen die Stirn bieten

Das Zuggeschäft des französischen Herstellers Alstom und des deutschen Konkurrenten Siemens wird zusammengelegt.

  • Der deutsche Siemens-Konzern bringt seine Bahntechnik-Sparte in den französischen Rivalen Alstom ein.
  • Siemens wird an dem Gemeinschaftsunternehmen eine Mehrheit von knapp über 50 Prozent halten.
  • Geplant sei eine «Fusion unter Gleichen», teilte Siemens nach einer ausserordentlichen Aufsichtsratssitzung in München mit.
  • Ziel ist, einen schlagkräftigen Konkurrenten für den chinesischen Branchenriesen CRRC zu schmieden.

Mit dem Zusammenschluss entsteht der zweitgrösste Zugkonstrukteur der Welt. Zusammen erwirtschaften die beiden Unternehmen etwa 15 Milliarden Euro und beschäftigen über 60'000 Personen. Mit diesem Umsatz ist der neue europäische Bahngigant allerdings erst halb so gross wie der Weltmarktführer

CRRC aus China. Siemens Alstom will daher in sechs Jahren

auf einen Umsatz von mehr als 20 Milliarden Euro kommen.

Vorerst kein Stellenabbau geplant

Beide Seiten betonen, der Zusammenschluss erfolge unter gleich starken Partnern. Ein Stellenabbau ist zunächst nicht geplant. Die Mobilität sei eine Wachstumsbranche, heisst es dazu bei der Siemens-Spitze.

Die Unternehmenszentrale für Schienenfahrzeuge wird bei Paris sein, jene für Mobilitätslösungen – dazu gehört die Signaltechnik – in Deutschland. Der Zusammenschluss soll innert vier Jahren eine halbe Milliarde Euro einbringen – dies dank Einsparungen und dem Technologie-Austausch.

Konzern in oder nahe Paris

«Dieser deutsch-französische Zusammenschluss unter Gleichen sendet in vielerlei Hinsicht ein starkes Signal», erklärte Siemens-Chef Joe Kaeser in einer Mitteilung. «Wir setzen die europäische Idee in die Tat um und schaffen gemeinsam mit unseren Freunden bei Alstom auf lange Sicht einen neuen europäischen Champion der Eisenbahnindustrie.»

Die neuen Partner achten auf ein Gleichgewicht der Kräfte bei Siemens Alstom: Der Konzern sitzt in oder nahe Paris und wird von Alstom-Chef Henri Poupart-Lafarge geführt, wie Siemens und Alstom am Dienstagabend mitteilten. Siemens hält aber gut 50 Prozent der Aktien und kann später sogar auf 52 Prozent aufstocken. Die Unternehmenszentrale für Mobilitätslösungen soll demnach in Deutschland sein, die für Schienenfahrzeuge in Frankreich.

Gegen den Wettbewerbsdruck aus China

Ein Zusammenschluss war erwartet worden. Mit der Allianz reagieren die Unternehmen auf den Wettbewerbsdruck, der nach dem Zusammenschluss der beiden grössten chinesischen Zughersteller zum Giganten CRRC massiv gewachsen war. CRRC macht den Europäern vor allem bei den Hochgeschwindigkeitszügen das Leben schwer. In jüngster Vergangenheit haben die Chinesen gar Aufträge in Europa und den USA ergattert – etwa in Tschechien und Chicago.

Eine globale Präsenz werde dem neuen Unternehmen den Zugang zu Wachstumsmärkten wie dem Nahen und Mittleren Osten, Indien, China, den USA und Russland eröffnen.

Macron: Widerstand aufgegeben

Im Zuge der Fusionsentscheidung einigten sich Unternehmen und Arbeitnehmervertreter nach Angaben der IG Metall auch auf Standortgarantien für vier Jahre, auf einen Kündigungsverzicht für mindestens vier Jahre sowie auf den Erhalt der Mitbestimmung und die Absicherung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten in Deutschland und Frankreich.

Siemens führte zuerst Gespräche mit der kanadischen Bombardier. Seit der französische Präsident Emmanuel Macron seinen Widerstand gegen eine Fusion mit dem Erzrivalen Siemens aufgegeben hat und diese sogar begrüssen würde, haben die Gespräche mit Alstom und Siemens an Fahrt gewonnen.

Meistgelesene Artikel