Das Wichtigste in Kürze
- Die «Paradise Papers» zeigen: Wo immer es geht, versuchen internationale Konzerne weniger oder keine Steuern zu zahlen – etwa mit Briefkastenfirmen in Steueroasen.
- Schweizer Firmen würden solche meist legale, aber international zunehmend verpönte Steuertricks kaum mehr anwenden, heisst es bei Economiesuisse und SwissHoldings.
- Derartige Steueroptimierung sei kurzfristig vielversprechend, aber längerfristig drohe ein Imageschaden, erklärt Wirtschaftspsychologe Christian Fichter von Kalaidos FH in Zürich.
Vor einigen Jahren noch war es gang und gäbe: Multinationale Konzerne nutzten alle nur erdenklichen Schlupflöcher. Sie schufen mit der Hilfe von Beratern komplizierte Firmenkonstrukte, um möglichst wenig Steuern zu zahlen.
Doch auf Druck der Regierungen und der Öffentlichkeit seien die Unternehmen vorsichtiger geworden, sagt Frank Marty vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse: «Früher waren die staatlichen Steuersysteme stark unterschiedlich. Es gab Lücken und sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten, die man genutzt hat.» Heute seien diese Gestaltungsmöglichkeiten durch die Bemühungen von OECD und G20-Staaten zur Angleichung der Systeme und Schliessung der Lücken sehr viel kleiner geworden.
Kleiner nicht zuletzt, weil nun internationale Standards für die Konzernbesteuerung erarbeitet werden. Wegweisend ist das Projekt der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD): Es soll dazu führen, dass die Unternehmen dort Steuern zahlen, wo sie Gewinne erwirtschaften. Also beispielsweise dort, wo sie Fabriken betreiben oder an neuen Produkten forschen.
Auch die Schweiz folgt diesem Trend. Darum seien Schweizer Konzerne auch immer zurückhaltender mit aggressiver Steuerplanung, sagt Gabriel Rumo. Er ist Direktor des Verbands Swiss Holdings, in welchen viele grosse Industrie- und Dienstleistungskonzerne vertreten sind.
Die früheren Strukturen werden von Industrie- und Dienstleistungsunternehmen in der Schweiz eigentlich gemieden.»
Der Trend gehe seit einigen Jahren ganz klar in Richtung einer konservativeren Steuerpolitik. Die früheren Strukturen würden von Industrie- und Dienstleistungsunternehmen in der Schweiz heute eigentlich gemieden.
Geht den gut bezahlten Steuerberatern nun die Arbeit aus? Rumo verneint: Das Programm der OECD im Kampf gegen Steuertricks gebe den Beratern viel zu tun. Es gehe nun vermehrt um die Beratung bei der Umsetzung der von der OECD lancierten so genannten BEPS-Vorgaben.
Immer einen Schritt voraus
Das BEPS-Programm (Base Erosion an Profit Shifting) soll die Regeln der Unternehmensbesteuerung international auf einen neuen, faireren Standard bringen. Die Schweiz macht mit bei dem Projekt und passt zurzeit ihr Steuersystem den neuen Standards an.
Die internationalen Grosskonzerne sind immer einen Schritt voraus und kreieren neue Schlupflöcher.
Bruno Gerber von der Nichtregierungs-Organisation Tax Justice Network dämpft die Erwartungen. Die Politik hat versucht, die Grenzen enger zu machen. Aber die internationalen Grosskonzerne seien den Steuerbehörden aller Länder und den internationalen Organisationen immer einen Schritt voraus: «Sie verstehen es, immer wieder neue Schlupflöcher zu kreieren.»
Allerdings: Auch wenn die Konzerne nach wie vor ihre Steuern optimieren, so schaut die Öffentlichkeit heute doch genauer hin als früher. Nicht zuletzt auf Grund von Enthüllungen wie in den «Paradise Papers».