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Wirtschaft «Razzia sehr nützlich für die deutsche Ablehnungsfront»

Bei mehreren hundert deutschen UBS-Kunden stand am Montag die Steuerfahndung vor der Tür. Im Interview sagt SF-Wirtschaftsexperte Reto Lipp, was diese Razzia für die UBS und das Steuerabkommen bedeutet – und weshalb sie gerade diese Woche stattgefunden hat.

Reto Lipp, es wird berichtet, Staatsanwälte und 50 Steuerfahnder hätten heute eine Grossrazzia bei UBS-Kunden in Deutschland veranstaltet. Die Daten-CD, von der die Angaben stammen sollen, soll bereits mehrere Monate alt sein. Warum also heute erst die Razzia?

Die Informationen stammen offenbar von einer CD, die schon vor drei Monaten in Nordrhein-Westfalen von den dortigen Steuerbehörden gekauft worden sind. Damit zeigt der Nordrhein-Westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans, dass er bereit ist, den Druck auf potenzielle Steuerbetrüger aufrecht zu erhalten und bereits gekaufte CDs auf jeden Fall zu nutzen, um allfälligen Steuerbetrügern auf die Pelle zu rücken.

Es kann auch kein Zufall sein, dass ausgerechnet 10 Tage vor der Abstimmung im deutschen Bundesrat zur Abgeltungssteuer die Meldung von den Razzien die Runde macht. Man kann schon davon ausgehen, dass hier gezielt Indiskretionen über die Bild-Zeitung gestreut wurden, um Angst bei allfälligen Steuerbetrügern zu verbreiten und diese zur Selbstanzeige zu bewegen.

Die UBS beteuert wiederholt, sie unterstütze seit 2009 nicht mehr bei der Steuerhinterziehung. Was bedeuten solche Massnahmen, wie sie jetzt die deutsche Steuerfahndung anwendet, für die Grossbank?

Solche Aktionen sind natürlich massiv rufschädigend. Sollte nämlich irgendein Datensatz nachweisen, dass eben auch nach 2009 UBS-Angestellte geholfen haben, Steuern zu hinterziehen, dann wird es für die UBS sehr eng in Deutschland. Die Credit Suisse hat das Deutschland-Problem mit einer saftigen Bussen-Zahlung entschärft. Sollte man der UBS ein Fehlverhalten nachweisen können, müsste auch die UBS mit einer Busse rechnen.

Im Zentrum steht mal wieder das nordrhein-westfälische Finanzministerium, dessen Kopf Norbert Walter-Borjans (SPD) ist. Welche Rolle spielen die deutschen Parteien im Steuerstreit?

In Deutschland findet ein hartes Powerplay zwischen Befürwortern und Gegnern des Abgeltungssteuerabkommens mit der Schweiz statt. CDU und FDP befürworten das Abkommen, SPD und Grüne sind mehr oder weniger dagegen. Obwohl die SPD so tut, als würden sämtliche ihrer Finanzminister in den von ihr mitregierten Ländern gegen das Abkommen sein, ist dies gar noch nicht sicher. Es gibt immer noch mehrere Länder, die schwanken und Finanzminister Wolfgang Schäuble tut einiges, um diese Länder mit Versprechungen finanzieller Art auf seine Seite zu ziehen.

Was bedeutet die Razzia für das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland?

Rolle des deutschen Bundesrats

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Soll das Steuerabkommen 2013 in Kraft treten, braucht es noch ein Ja im Bundesrat, der Vertretung der deutschen Bundesländer.

Allerdings: Unter den 69 Mitgliedern sind die Stimmen der SPD- oder grün regierten Bundesländer in der Mehrheit.

Für den Freitag, 23. November, steht das Abkommen als Traktandum Nr. 21 auf der Liste.

Es ist schon so, dass in diesem Kampf der Interessen eine spektakuläre Razzia gegen angebliche Steuerbetrüger, denen allenfalls von einer Schweizer Grossbank geholfen wurde, sehr nützlich ist, um die Ablehnungsfront zusammenzuhalten oder gar noch zu stärken. Zögernde SPD-Finanzminister könnten jetzt in ihrer Wut auf Schweizer Banken so bestärkt werden, dass sie definitiv Nein zur Abgeltungssteuer sagen.

Natürlich würde der Nordrhein-Westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans – einer der eifrigsten Gegner des Abkommens – nie zugeben, dass die Razzia heute etwas mit der Abstimmung nächste Woche über die Abgeltungssteuer zu tun hat. Tatsache ist aber: Je grösser der Ärger in Deutschland über angebliche Steuerbetrüger und Schweizer Banken ist, desto deutlicher wird das Abgeltungssteuerabkommen nächste Woche scheitern.

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