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Schweizer Wirtschaftsführer «Mehr Menschen weltweit leben länger als jemals zuvor»

«The Optimist Code» ist das offizielle Motto des diesjährigen Swiss Economic Forum (SEF). Es findet in Interlaken statt. Dort treffen sich führende Köpfe aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, um die aktuellen Herausforderungen der Wirtschaft zu besprechen. Thomas Straubhaar ist Professor für Ökonomie an der Uni Hamburg und erklärt, warum er guter Dinge ist.

Thomas Straubhaar

Ökonom

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Straubhaar ist Wirtschaftswissenschaftler und Migrationsforscher. Er ist Professor für internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Uni Hamburg.

SRF News: Warum sollten wir Ihrer Meinung nach optimistisch sein?

Thomas Straubhaar: Ich denke, dass in der Vergangenheit auch kurzfristige Ereignisse immer mit sehr viel Sorgen und Ängsten verbunden waren. Im Nachhinein hat sich gezeigt, dass in aller Regel die kurzfristigen Risiken überschätzt und die langfristigen Chancen von Veränderungen unterschätzt worden sind.

Woran machen Sie das fest?

Vor 20 oder 30 Jahren wurde an verschiedensten Stellen das Ende westlicher Gesellschaften vorausgesagt. Wenn man sieht, was sich darauf an positiven Entwicklungen ereignet hat, dann ist das die Grundlage meines Optimismus. Heute leben mehr Menschen weltweit länger und gesünder als jemals zuvor in der Weltgeschichte.

Der Erfolg von gestern ist in keiner Art und Weise eine Garantie für den Erfolg von morgen.

Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln, dass sich das nicht auch weiterhin so sich positiv entwickelt. Das Einzige, was ich anbieten kann, ist die Evidenz der Vergangenheit, dass die Geschichte der Menschheit eine Geschichte des stetigen ständigen, nicht ungebrochenen, aber doch langfristigen Fortschritts ist.

Die Rahmenbedingungen waren noch nie so gut. Gleichzeitig verändert sich der Arbeitsmarkt radikal. Wie kann die Wirtschaft diesen Wandel schaffen?

Indem die entsprechenden Rahmenbedingungen an kommende Zeiten angepasst werden. So gesehen werden wir sicher nicht erfolgreich sein, wenn wir zu lange am Status quo festhalten. Der Erfolg von gestern ist in keiner Art und Weise eine Garantie für den Erfolg von morgen. Dafür habe ich versucht, den Begriff der Resilienz etwas in den Vordergrund zu schieben. Resilienz heisst nichts anderes als die stete Fähigkeit, sich an neue Herausforderungen erfolgreich anpassen zu können.

Wie lässt sich sicherstellen lassen, dass niemand von dieser Entwicklung abgehängt wird?

Wir sollten erstens die Bildungspolitik an die künftigen Verhältnisse anpassen. Anders als in der Vergangenheit, müssen wir die Bildung auf ein immer längeres Leben verteilen.

Wir haben eine historische Chance, viele Dinge in Zukunft noch besser als in der Vergangenheit zu machen.

Zweitens sollten im Sozialstaat die Menschen nicht vor Veränderungen schützen wollen, sondern Veränderungen fördern. Das gilt sowohl für berufliche wie auch räumliche Mobilität. Und dass dort neue Systeme dafür sorgen müssen, dass Menschen ermächtigt werden, sich anzupassen. Das Stichwort heisst Empowerment, gemeint ist eine lebenslange Förderung von Fähigkeiten zur Anpassung.

Können wir aufgrund der Erfahrungen der Vergangenheit und auch, weil wir Menschen uns schnell auf Veränderungen einstellen, optimistisch in die Zukunft schauen?

Genau und weil wir das schon eine ganze lange Menschheitsgeschichte lang stets – auch mit Rückschlägen, aber in der Summe eben – geschafft haben, gibt es keinen Grund, keine empirische Rechtfertigung, dass ausgerechnet heutzutage mit diesen vielen Chancen von Digitalisierung und neuen Innovationen diese Erfolgsgeschichte abbrechen sollte, ganz im Gegenteil. Wir haben eine historische Chance, viele Dinge in Zukunft noch besser als in der Vergangenheit zu machen und eben das Vertrauen zu haben, dass künftige Generationen selbst entscheiden wollen, wie sie das tun.

Das Gespräch führte Janis Fahrländer.

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