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Grossbritannien und der Brexit Selbstbewusste Finanzbranche – ängstliche Industrie

Vertreter der britischen Finanzindustrie drohen der EU unverhohlen, während die Industrie ihren Niedergang befürchtet.

Das Wichtigste in Kürze:

London ist der grösste Finanzplatz der Welt. Entsprechend selbstbewusst gibt sich die City im Vorfeld der anstehenden Verhandlungen mit Brüssel. «Was ich jedem in der EU immer wieder mit auf den Weg gebe, ist Folgendes: Bitte denken Sie daran, dass die City für ganz Europa einen Wert darstellt, nicht nur für Grossbritannien. Wir dienen nicht nur der britischen Wirtschaft, wir dienen der europäischen, ja sogar der globalen Wirtschaft», betont Jeremy Browne gegenüber «ECO».Der Cheflobbyist der britischen Finanzbranche vertritt Londons Interessen in der EU.

Keine Alternative zu London

Durch den Brexit steht diese Spitzenposition des Finanzplatzes auf dem Spiel. Grossbritanniens wichtigste Branche liefert mehr als elf Prozent der britischen Steuereinnahmen und sieben Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Über eine Million Menschen arbeiten in der Finanzindustrie.

Jeremy Browne kennt die Bedürfnisse und Befürchtungen auf beiden Seiten des Kanals. Und droht seinen Gesprächspartnern in Brüssel unverhohlen: «Wenn London nicht das globale Finanzzentrum Europas bleibt, wird es damit enden, dass Europa gar kein globales Finanzzentrum mehr hat.» Frankfurt jedenfalls sei keine Alternative zu London, die beiden Finanzplätze seien schon allein aufgrund ihrer Grösse überhaupt nicht vergleichbar, so Browne weiter.

Es wird damit enden, dass Europa gar kein globales Finanzzentrum mehr hat.
Autor: Jeremy Browne Cheflobbyist der britischen Finanzbranche

Dieses Selbstbewusstsein strahlen längst nicht alle in der City aus, viele versuchen sich in Zweckoptimismus. Aber Brexit-Profiteure gibt es schon heute. Devisenhändler David Johnson ist einer von ihnen. Er ist Teil der Finanzcommunity und hat trotzdem für den Austritt gestimmt. Und dank des Brexit bisher das Geschäft seines Lebens gemacht. «Der 24. Juni war der beste Tag, seit wir die Firma vor zwölf Jahren gegründet haben. Das lag allein an der hohen Volatilität im Markt. Die Kunden mussten sich davor schützen.»

Auch in Johnsons Firma Halo Financial sind die Meinungen geteilt: Die Hälfte der Mitarbeiter hat wie ihr Chef für den Brexit gestimmt, die andere dagegen.

Automobilbranche: Angst vor Zöllen

Gespalten ist die Gefühlslage auch in der britischen Automobilindustrie. Nach Jahrzehnten des Niedergangs erlebt die Branche derzeit dank ausländischer Hersteller wie BMW einen starken Aufschwung: 1,7 Millionen Autos sind 2016 von britischen Bändern gerollt – so viele wie seit 1999 nicht mehr.

Der Brexit könnte diesen Aufschwung zunichtemachen. Die grösste britische Gewerkschaft «Unite» befürchtet massive Produktionsverlagerungen. «Wir sehen das bereits jetzt: Autohersteller denken derzeit zweimal darüber nach, ob sie hierzulande noch investieren», sagt Tony Burke. Der stellvertretende Generalsekretär von Unite vertritt 95'000 Mitarbeiter in Grossbritanniens Automobilindustrie.

Das wird im Chaos enden
Autor: Tony Burke Stv. Generalsekretär Gewerkschaft «Unite»
Video
Tony Burke über die Folgen des Brexit für die Autoindustrie
Aus ECO vom 13.03.2017.
abspielen. Laufzeit 30 Sekunden.

Neue Zölle könnten die Branche zu Grunde richten, meint er und erklärt: «Die Kurbelwellen werden in Frankreich hergestellt, im Werk in den Midlands werden sie dann weiter verarbeitet. Dann gehen sie zurück nach München und werden schliesslich in Cowley eingebaut. Stellen Sie sich den Papierkram vor! Und die Zeit, die das kostet. Und dann noch vier Prozent Zoll jedes Mal, wenn das Teil den Kanal passiert. Das wird im Chaos enden.»

Er beklagt, dass die britische Regierung gerade jetzt keine Industrie-Strategie habe. «Das könnte die britische Industrie zerstören», so Burke gegenüber «ECO».

In der Nacht auf Dienstag hat das britische Parlament das Brexit-Gesetz verabschiedet. Damit ist der Weg für Premierministerin Theresa May frei, den Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union zu erklären. Danach beginnen die Verhandlungen, die wohl von beiden Seiten grosse Kompromissbereitschaft erfordern werden.

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