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Musikstreaming: Fluch oder Segen?
Aus Tagesschau vom 10.06.2015.
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Wirtschaft «Streaming» bringt Musikern nicht das grosse Geld

Sie heissen Spotify, Soundcloud oder neu Apple Music. Streaming-Plattformem gelten als die Zukunft der Musikbranche. Dabei wird die Musik nicht mehr gekauft sondern abonniert und dann über das Internet gehört. Doch wie gut sich damit als Künstler Geld verdienen lässt, ist fraglich.

Nicht für das Geld, nur für die Musik – so romantisch wird die Motivation eines Künstlers oft beschrieben. Während die weltbekannten Rock- und Popstars Millionen mit Konzert-Tourneen, Mode- und Parfümlinien scheffeln, kämpfen viele Musiker ums Überleben. Denn mit der Musik alleine wird heutzutage nicht mehr viel Geld verdient.

Die Zukunft der Branche liege im Streaming, verkündete diese Woche auch Apple-Chef Tim Cook bei der Präsentation seiner neuen Streaming-Plattform. Diese bietet wie etwa Konkurrent Spotify ein schier endloses Musikangebot, das man über das Internet hören kann (eben «streamen») – und zwar jederzeit und beliebig oft. Bezahlt wird die Benutzung über eine monatliche Abo-Gebühr.

Viele IT-Riesen riechen hier das grosse Geld. Neben Apple und Spotify haben in den letzten Jahren auch Google und Sony ähnliche Dienste aufgeschaltet. Das neue Konzept scheint Tonträgern und kostenpflichtigen Downloads den Rang abzulaufen. Allerdings: Ob Musiker von Streaming-Diensten profitieren, ist fraglich.

Löwenanteil behält Plattenfirma

David McCandless, Datenjournalist und Grafikdesigner, untersucht seit über fünf Jahren, wie viel Geld Musiker mit Tonträgern, Download- und Streaming-Diensten verdienen können. Auf seiner Webseite «Information is Beautiful» zeigt er zudem, wie viele Verkäufe oder Streams die Künstler brauchen, um den amerikanischen Mindestlohn von umgerechnet rund 1200 Franken zu erreichen.

Am meisten Geld bleibt dem Musiker immer noch bei einer selbst-produzierten CD. Die gesamten Einnahmen können so vom Künstler behalten werden, und er müsste nur gerade 100 Alben absetzen, um den US-Mindestlohn zu erreichen. Bei einem kommerziellen Plattenvertrag kann der Künstler rund ein Viertel der Einnahmen behalten – fast die Hälfte fällt der Plattenfirma zu.

Zwischen 0,1 und 0,6 Rappen pro Stream

Ähnlich verhält es sich laut McCandless beim Herunterladen von Songs: Bei einem Album-Download ist der Verteilschlüssel gleich wie beim kommerziellen Plattenvertrag. Bei einem Download einzelner Lieder wird unterschieden, ob der Künstler bei einer Plattenfirma unter Vertrag ist oder unabhängig. Im letzteren Fall kann er 70 Prozent der Einnahmen behalten. Es muss aber im Vergleich mit den physischen Tonträgern viel mehr verkauft werden, um den US-Mindestlohn zu erreichen: Rund 550 heruntergeladene Alben oder bis zu 5500 heruntergeladene Songs.

Bei den Streaming-Plattformen sind die Margen schon fast verschwindend klein: Bei den grossen Streaming-Diensten bewegen sich die Erträge pro gehörtem Song zwischen 0,1 und 0,6 Rappen. Bei Spotify muss ein Lied eines Künstlers damit über eine Million mal angehört werden, damit der Künstler den Mindestlohn von 1200 Franken erreicht. Laut «Information is Beautiful» schaffen dies nur rund 2 Prozent aller auf Spotify vertretenen Künstler.

Die gesamte Grafik kann man sich hier anschauen.

Jedes Mal verdient der Künstler

In der Schweiz kümmert sich die Suisa darum, dass Künstler korrekt abgegolten werden. Giorgio Tebaldi, Mediensprecher der Suisa, erklärt, dass unter dem neuen System des Streamings Künstler laufend bezahlt werden statt nur einmal beim Verkauf: «Früher verdiente der Künstler beim Verkauf 2 Franken pro CD, und diese CD konnte dann tausend mal gehört werden. Heute verdient der Künstler jedes Mal, wenn eines seiner Werke gespielt, wird.»

Ähnlich wie beim Radio wird laut Tebaldi bei den Streaming-Anbietern analysiert, welche Titel in einem Gebiet wie oft angespielt werden. Daraus entstehe ein gerechter Verteilschlüssel. Ende Monat werden dann die Gesamtumsätze – aus Werbe- und Aboeinnahmen – nach diesem Schlüssel an die Künstler verteilt.

Gleiche Prozentsätze, aber weniger Geld

Die Situation für Künstler in der Schweiz kennt Christoph Trummer. Er ist Präsident des «Vereins Musikschaffende Schweiz» und selber Musiker. Das Geschäft sei mit der Verlagerung ins Internet noch einmal härter geworden. An den Streaming-Plattformen führe aber kein Weg vorbei. Darum setze er sich dafür ein, dass Schweizer Künstler auf den Online-Diensten vertreten seien: «Ein grosser Teil der Musikkonsumenten in der Schweiz nutzt diese Angebote, darum müssen Schweizer Musiker dort präsent sein.»

Trummer bestätigt die Erkenntnisse aus der Studie von David McCandless. Die Prozentsätze für die Künstler, wenn deren Titel auf einer Plattform wie Spotify gespielt wird, seien mit jenen für verkaufte Tonträger oder Downloads oft identisch. Da aber das Streaming für den Kunden günstiger sei, bleibe dem Musiker am Ende effektiv weniger Geld. Die Produktionskosten für neue Musik seien hingegen gleich teuer geblieben. Ein Rechenbeispiel aus der Musikbranche besage, so Trummer, dass ein Titel rund 40000 mal angespielt werden muss, damit sich der Künstler eine Flasche Mineralwasser leisten kann.

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