UBS-Chef Sergio Ermotti fungiert an der Spitze der Lohnscheren-Rangliste 2017. Er verdient 273 Mal so viel wie der Angestellte, mit dem tiefsten Gehalt der Grossbank.
Betrachtet man die gesamte Konzernleitung, so haben die Vergütungen bei der grössten Schweizer Bank in den vergangenen sieben Jahren um satte 44 Prozent zugenommen. Solche Vergleiche sind öffentlichkeitswirksam – doch sind sie auch aussagekräftig?
Ja, findet Gabriel Fischer vom Gewerkschaftsdachverband Travail Suisse: «Wir sind der Meinung, dass diese Löhne grosse Ärgernis in der Bevölkerung hervorrufen und das hat dann auch politische Kosten. Deshalb ist es für uns eine relevante Vergleichsgrösse.»
Bund vergleicht nicht Extreme, sondern Durchschnitt
Eine andere Vergleichsgrösse hat der Bund gewählt. In seiner Lohnstrukturerhebung hat er nicht die Extreme miteinander verglichen, sondern den Durchschnitt. Dabei kommt er auf ein ganz anderes Resultat als die Gewerkschaften. Vergleicht man die obersten 10 Prozent der Lohnskala mit den tiefsten 10 Prozent so zeigt sich: Zwischen 2008 und 2016 ist die Lohnschere leicht zugegangen.
Gewerkschafter Fischer lässt diesen Einwand aber nur bedingt gelten. «2008 war der Höhepunkt der Hochkonjunktur, danach kam die Finanzkrise, da gab es dann einen gewissen Boni-Crash. Man muss darauf achten, welche Zeitraum man miteinander vergleicht.»
Aktienrechtsrevision greift zu wenig ein
Die Finanzkrise mag tatsächlich den Einbruch der Boni erklären. Die Studie des Bundes zeigt aber auch, dass zwischen 2008 und 2016 die tiefsten Löhne stark gestiegen sind – also auch während der Finanzkrise – und dass die allgemeine Lohnpyramide relativ stabil geblieben ist. Fischer räumt denn auch ein: «Es haben beide Betrachtungsweisen ihre Berechtigung.»
In den Augen von Travail Suisse steht aber fest: Die vom Nationalrat Mitte Juni beschlossene Aktienrechtsrevision greift zu wenig gegen Lohn-Exzesse in den obersten Etagen. Zum einen fehle es an Transparenz, weil abgesehen vom höchsten Lohn die Vergütungen der Konzernleitungsmitglieder nicht einzeln ausgewiesen werden müssten. Zudem fehle dem Verband unter anderem eine Obergrenze für Boni.
Abzocker-Initiative droht auf halbem Weg stehen zu bleiben
Intransparenz herrscht zudem bei Antrittsleistungen und Vorsorgelösungen für Manager. Dass zudem Leistungslöhne für das Top-Management von den Generalversammlungen vielfach vorab genehmigt werden, sei «systemfremd und unverständlich», sagte Nationalrat und Travail-Suisse-Präsident Adrian Wüthrich laut Redetext.
Mit diesen Beschlüssen drohe die Umsetzung der 2013 an der Urne gutgeheissenen Abzocker-Initiative auf halbem Weg stehen zu bleiben, warnte Wüthrich. Verschwänden die Managerlöhne aus dem politischen Fokus und ziehe die Konjunktur an, «droht in den kommenden Jahren der nächste Boni-Rausch».
Die Umsetzung der Abzocker-Initiative ist heute in einer Verordnung geregelt. Mit der Aktienrechtsrevision sollen nun gesetzliche Regeln dafür erlassen werden. Geht es nach dem Nationalrat, entsprechen diese weitgehend der Verordnung. Der Ständerat muss noch über die Aktienrevision befinden.